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Mannheim aus der Vogelperspektive - die Luftbildsammlung

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Links sind eine Vielzahl von Schienen zu sehen, daneben das Werksgelände der Firma Mohr & Federhaff aus der Luft fotografiert mit handschriftlich nummerierten Hallen

Zum Jahresende begann im MARCHIVUM ein durch Mittel der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg unterstütztes Projekt zur Erschließung des Nachlasses des Luftbildfotografen Ottheinrich Hauck. Die geschätzt 30.000 Fotos, zumeist Schrägbilder, ergänzen den Bildbestand wortwörtlich um neue Blickwinkel auf Mannheim und den gesamten Rhein-Neckar-Raum. Die zwischen 1950 und 2008 entstandenen Bilder Haucks sind dabei keineswegs die einzigen Luftaufnahmen in der Bildsammlung des Archivs.

Mit dem technischen Ausreifen von Flugzeug und Fototechnik sowie der Zunahme des Passagierluftverkehrs – freilich nur für wenige erschwinglich – entstanden seit den 1920er Jahren vermehrt Schrägluftaufnahmen. Mehr als die Hälfte der etwa 500 im MARCHIVUM vorhandenen Luftbilder aus jener Zeit wurden von der seit 1926 bestehenden Badisch-Pfälzischen Luft-Hansa angefertigt, welche auch für den Betrieb des Flugplatzes Neuostheim verantwortlich zeichnete. Die Motive erfreuten sich großer Beliebtheit als Postkarten und fanden zumeist auch in dieser Form in die Bestände des Archivs. Insgesamt nahm die Badisch-Pfälzische Luft-Hansa ca. 6000 Luftbilder auf, bevor ihre Luftbildabteilung 1934 aufgrund der Zentralisierungsmaßnahmen des NS-Regimes zur reichsweit tätigen Hansa-Luftbild überstellt wurde, ihrerseits eine Tochter der Deutschen Lufthansa. Im Zweiten Weltkrieg gingen die Bestände der Hansa-Luftbild weitestgehend verloren. Das bis heute unter dem Namen firmierende Nachfolgeunternehmen übergab die erhaltenen Reste Anfang der 2000er Jahre an das Hauptstaatsarchiv Düsseldorf.


Die ältesten Luftbilder im Bestand wurden teilweise noch von Luftschiffen aus fotografiert: Werksgelände der Firma Mohr & Federhaff mit handschriftlich nummerierten Hallen, 1912. Im Hintergrund Hauptbahnhof und Bismarckstraße, unten links erkennbar der Schatten des Luftschiffs. MARCHIVUM, Bildsammlung AB02155-5-012.

In den Jahren 1927 bis 1929 wurden Senkrechtluftbilder des Stadtgebiets aufgenommen und bis 1934 durch das Vermessungsamt zu einem 64 Blatt umfassenden Luftbildatlas ausgearbeitet. Mit dem Zweiten Weltkrieg entstanden bei Aufklärungsflügen der alliierten Luftwaffen wie auch der Wehrmacht ungleich mehr Senkrechtaufnahmen, welche die Zerstörung des Stadtgebiets dokumentieren. Nach Kriegsende wurden tausende Aufklärungsfotos an der University of Keele im englischen Staffordshire gesammelt, wo mit der Keele Air Photo Library eines der weltweit größten Luftbildarchive entstand. Von dort gelangten im Jahr 1985 wiederum Kopien nach Mannheim, teilweise über den in Mainz ansässigen Lokalhistoriker Heinz Leiwig. Das MARCHIVUM verfügt über etwa tausend von US- und Royal Air Force über Mannheim und seinem Umland aufgenommene Luftbilder. Aufgrund ihrer Bedeutung unter anderem für die Kampfmittelbeseitigung sind viele dieser Aufnahmen inzwischen digitalisiert. Die Keele Air Photo Library ging später in der in Edinburgh ansässigen National Collection of Aerial Photography auf, wo bis heute die meisten Luftbilder aus dem Zweiten Weltkrieg lagern.


Nach einem Luftangriff 1943 vom Luftgaukommando XII der Wehrmacht angefertigte Trefferkarte der Neckarstadt. Einschlagskrater und Gebäudeschäden sind rot markiert. MARCHIVUM, Kartensammlung, KS00386 (Ausschnitt).

Ab den 1950er Jahren wurden wieder systematische Luftbildflüge mit Senkrechtbildern durch das städtische Vermessungsamt in Auftrag gegeben. Schrägbilder gelangten weiterhin nur vereinzelt in den Bestand des MARCHIVUM, etwa über Abgaben anderer Fachbereiche wie Wirtschaftsförderung und Hochbauamt oder aus Beständen von Firmen, die ihre Betriebsstätten aus der Luft hatten fotografieren lassen. Freilich wurden auch weiterhin Luftaufnahmen auf Postkarten abgedruckt und kamen auf diesem Umweg ins Archiv – rechtlich ist eine Herausgabe der Bilder an Nutzerinnen und Nutzer hier allerdings oft nicht möglich. Diese Lücke schließt nun der Nachlass Haucks, zu dessen Kundenkreis auch mehrere Ansichtskartenverlage zählten.


Schrägluftbild mit Jesuitenkirche, Schloss, Universitätsgebäude A 5, Mensawiesen und Brückenauffahrten. Herausgegeben vom Verkehrsverein als Postkartenmotiv, 1975. MARCHIVUM, Bildsammlung, AB01546-7-326, Foto: Foto-Hauck Werbestudios.

Vor einer neuen Herausforderung steht das MARCHIVUM angesichts der aktuellen und künftigen Abgaben des städtischen Fachbereichs Geoinformation und Vermessung: Näherte sich die Zahl pro Fotoflug aufgenommener Bilder bereits vor der Umstellung auf Digitalfotografie dem vierstelligen Bereich, so wuchs sie nach der Jahrtausendwende exponentiell. Statt hunderten einfachen Fotoabzügen bzw. -negativen in schwarzweiß werden nun tausende sogenannte Orthofotos angefertigt, deren Bildausschnitte mithilfe eines Geländemodells berichtigt und mit Koordinaten verknüpft sind. Ihre Farbdarstellung ist meist durch einen Infrarot-Kanal ergänzt, aus dem sich beispielsweise Informationen über den Zustand der Grünflächen und Felder im Stadtgebiet herauslesen lassen. Ebenso werden parallel zu den Senkrechtbildern grundsätzlich Schrägluftaufnahmen aus allen vier Himmelsrichtungen aufgenommen.


Detail eines Orthofotos aus dem Jahr 2019, Sportplätze von Rot-Weiß Rheinau. Rechts ist der blaue Farbkanal durch den Infrarotkanal ersetzt. Der südliche Kunstrasenplatz ist dadurch weitaus besser als solcher erkennbar. Stadt Mannheim, Fachbereich Geoinformation und Vermessung.

Diese Flut aus Bild- und Metadaten für Nutzerinnen und Nutzer aufzubereiten ist zeitaufwendig, aber lohnenswert: Ob pittoreske Ansichten des Friedrichsplatzes, eine Veranschaulichung von Infrastrukturmaßnahmen oder Informationen über Blindgänger gesucht sind – die Luftbilder im MARCHIVUM zeigen vom Boden aus oft verborgene Seiten der Stadt und sind damit echte Schätze des Archivs.

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