Am 19. Juli 1870 erklärte Frankreich den Krieg an Preußen. An die Präsenz der französischen Soldaten in Mannheim während dieses Krieges erinnert nur noch die Grabanlage auf dem Hauptfriedhof. Denn hier wurde ein Gedächtnisort für die 30 Soldaten geschaffen, die in den Mannheimer Lazaretten verstorben sind. Mit dem Frankfurter Frieden vom 10. Mai 1871 wurde gemäß Artikel 16 die gegenseitige Pflege von Kriegsgräbern verpflichtend. Erstmalig ist die "Soldatengräberpflege in das staatlich organisierte Interesse zweier friedenschließender Staaten" gestellt worden.
Die Grabanlage für französische Soldaten auf dem Hauptfriedhof, Foto: Doreen Kelimes
Für den Gedenkstein wurde eine Stele auf hohem Sockel gewählt, die auf beiden Seiten kassettiert ist und aus gelbem Sandstein gefertigt wurde; darüber befindet sich Efeufries und ein Walmdachaufsatz mit weißem Marmorkreuz. Die Inschrift der Stele erinnert an die 30 Soldaten; der Sockel führt sie namentlich auf. Das Grabmal wird durch die hinter der Stele im Halbkreis angeordneten 28 kleinen Einzelgrabsteine mit Segmentbogenabschluss vervollständigt. Auf jedem kleinen Grabstein ist der Name des Verstorbenen eingemeißelt. Die Leichname des Obersts George Boutroy und des Hauptmanns Charles Edouard Geiger wurden nach Frankreich überführt. Die verstorbenen französischen Soldaten wurden gemäß ihrer Konfession beerdigt. Ihre Gräber wurden im Jahre 1870 auf dem Hauptfriedhof im II. Teil, VI. Abteilung, in den Reihen 1 bis 5 angelegt, wo auch die in Mannheim verstorbenen bzw. hierher überführten deutschen Soldaten beerdigt wurden. Eine Besonderheit des Gedenksteins ist vor allem, dass die Anordnung der Namen nach dem Sterbedatum sowie auch nach der Religion vorgenommen wurde.
Die französische Trauerarbeit äußerte sich vielerorts im Bau von Denkmälern, auch in Deutschland. Die Errichtung der französischen Kriegerdenkmäler beruhte vor allem auf Initiation durch die zivile Seite. Ein Merkmal hierbei war die Erinnerung an die "soldats français" und dass "alle Gefangenen namentlich an einem besonderen nationalen Ort vereint wurden". Da es von französischer Seite schwierig war, die eigene Niederlage in den Denkmälern zu überhöhen, wurde diese Aufgabe von zivilen Stiftern übernommen. Durch die Errichtung von Denkmälern auf Gemeindefriedhöfen konnte man "in enger Anbindung an den zivilen Grabkult ein individuelles französisches Grabmal zu einem französischen Kriegerdenkmal umgestalten, ohne dabei emotional in stark belastete Verhandlungen mit der deutschen Seite treten zu müssen." Im Verwaltungsbericht der Stadt Mannheim von 1892 bis 1894 wurde folgendes erwähnt: "Die Gräber des während des Feldzugs in den hiesigen Lazarethen verstorbenen französischen Militärpersonen – 28 an der Zahl – befinden sich in dem allgemeinen Begräbnisfelde; auch diesen wurde ein bescheidenes Denkmal aus französischen freiwilligen Beiträgen errichtet. Die Friedhofskommission sorgt für den Unterhalt der Gräber, hat auch auf einem jeden einen einfachen, mit Namen versehenen Denkstein errichtet."
Einzelgrabsteine der Grabanlage, Foto: Doreen Kelimes
Die im Jahre 1875 stattfindende Bundesratssitzung beschloss, dass "Grabstätten von besonderer Bedeutung, namentlich solche, welche mit Denkmälern verziert sind, solange der Friedhof als solcher in Gebrauch ist, erhalten werden […]" sollen. Das französische Denkmal wurde gemäß einer Bestimmung hergerichtet, die besagt, dass "nach Ablauf der Exhumationsfrist die Überreste in Massengräbern vereinigt und ihnen dauerndes Ruherecht gewährt werden" muss. Bereits im Jahre 1887 wurden die französischen Soldatengräber durch die Versetzung der 28 Denksteine hergerichtet. Die Initiative ging auf den "Le Souvenir francais", einer 1887 gegründeten Gesellschaft für das Gedenken der im Kampf für Frankreich gefallenen französischen Soldaten, zurück.
Die Unterhaltung der französischen Militärgräber kostete die Stadt Mannheim bis 1898 jährlich 200 Mark. Unter Einhaltung des 25-jährigen Ruherechts wurde 1898 gemäß dieser Anordnung "bei der Umgrabung der französischen Militärgräber ein Massengrab um das große Denkmal angelegt, in dem die bei der Wiederbelegung der betreffenden Sektion aufgefundenen Gebeine der französischen Soldaten vereinigt und anschließend an das große Denkmal die kleinen Denksteine versetzt wurden." In einer Versammlung des Militärvereins am 6. Juni 1909 ernannte der französische Konsul Prabère-Riquet den Vereinsvorsitzenden Dr. Friedrich Blum "im Namen des französischen Volkes und des Präsidenten der französischen Republik" zum "Officier de l’ordre national de l’instruction publique" – eine "Auszeichnung als Anerkennung für die Pietät, mit der die Militärvereine die hiesigen Gräber der französischen Krieger unterhalten" hatten.
Inschrift der Grabanlage für französische Soldaten auf dem Hauptfriedhof Mannheim, Foto: MARCHIVUM, Kathrin Schwab
Wann genau der Gedenkstein bei den Gräbern der französischen Soldaten durch die privaten Stifter gesetzt wurde, konnte bislang nicht zweifelsfrei ermittelt werden. Jedoch kann man eine frühe Errichtung in den 1870er Jahren nicht ausschließen. Ein Indiz dafür ist das "Denkmal für die im Heidelberger Lazarett verstorbenen französischen Soldaten" auf dem Bergfriedhof, welches zusammen mit dem Kriegerdenkmal für die gefallenen deutschen Soldaten im Jahre 1873 eingeweiht wurde. Das von den französischen Bürgern gestiftete Denkmal weist Ähnlichkeiten zu dem in Mannheim auf: Auf beiden Denkmälern wurde die Inschrift "A la Mémoire des soldats francais décedes en 1870-1871 / R.I.P. / Erigé par leurs compatriotes" (In Erinnerung an die 1870-1871 gefallenen französischen Soldaten / R.I.P./ Errichtet von ihren Landsleuten) in ähnlichem Schrifttypus in den Gedenkstein eingehauen. Das Mannheimer Denkmal enthält zudem in seiner Inschrift das Folgende: "Nune meliorem appetunt patriam (Hebr. XI.)" mit der deutschen Übersetzung aus dem Lateinischen: "Nun gelangen sie zu einem besseren Vaterland".
Für das französische Denkmal, das sich infolge von Kriegsschäden und durch die eingetretene Verwitterung in einem unwürdigen Zustand befand, wurde eine Neugestaltung der Grabanlage im Jahr 1962 erwogen. Die Schriften auf den Grabsteinen sind leider sehr stark verwittert und zum größten Teil nicht mehr zu entziffern. Hierbei sah man von einer Bearbeitung der einzelnen Grabsteine mit der Erklärung ab, dass "die Grabsteine um mindestens 2 cm nachgearbeitet werden müssten, damit würde aber das Grabzeichen durch Verminderung der Tiefendimension eine schlechtere Proportion erhalten". Eine entsprechende Renovierung der Oberflächen, Profile und Inschriften wurde dann in den Jahren 1978 bis 1979 vorgenommen. Welche Geschichte erzählt uns dieses Denkmal?
Auszug aus dem Beitrag der Mannheimer Geschichtsblätter 38, 2019
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