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1778-1815: Maßnahmen zur Migrationssteuerung im Übergang zum 19. Jahrhundert

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Titelblatt der Polizeivorschriften aus dem frühen 19. Jahrhundert

Der im folgenden diskutierte Abschnitt der Mannheimer Stadt- und Migrationsgeschichte nimmt seinen Anfang mit der Verlegung der kurfürstlichen Residenz nach München im Jahr 1778. Mit dem Wegzug des Kurfürsten Karl Theodor büßte Mannheim seinen Status als Residenzstadt und deshalb auch enorm an wirtschaftlicher Kraft ein, sodass die Armut in der Quadratestadt anstieg. Vor allem Arbeitsaufträge für die Gewerbetreibenden oder Handwerker gingen massiv zurück.

Diese Lage zog nach sich, dass sich die Bevölkerungszahl Mannheims verringerte. Lebten 1778 noch 24.271 Menschen in der Stadt, waren es 1800 noch 18.828. Um die voranschreitende Verarmung der Stadt zu bremsen, wurden relativ strenge Maßnahmen zur Steuerung der Migration erlassen. „Maßnahmen und Instrumente zur Migrations- und Mobilitätssteuerung waren darauf ausgerichtet, durch die Vermehrung der Bevölkerung die Wirtschaft der Stadt zu stärken.“

An den Zugängen zur Stadt gab es strenge Kontrollen. Hier das Neckartor um das Jahr 1800. MARCHIVUM.

Hierzu gab es an Brücken und Zugängen zur Stadt Kontrollen. Es wurden „Einnehmer positioniert, welche die Zollgebühren erhoben oder die bereits geleisteten Zahlungen an früheren Stationen prüften.“ Zusätzlich war es für die Passierenden verpflichtend, ihre Legitimationsscheine vorzulegen und sich auf Meldezetteln erfassen zu lassen. Wer als Reisende*r in Mannheim weilte, musste Auskunft über Reiseziel und Aufenthaltsdauer geben. „Am stärksten betroffen von diesen Maßnahmen […] waren die unerwünschten Migrant*innen“. Es ist überliefert, dass mehrmals die Ausweisung dieser Personen befohlen wurde. Es kann also von einer Kriminalisierung der Armut gesprochen werden.
Unterschieden wurde bei den Migrant*innen ab 1806 zwischen inländischen und ausländischen. Diejenigen, die aus dem Inland nach Mannheim kamen, besaßen Bürgerrechte, alle anderen fielen unter das Fremdenrecht. Die schwerste Folge für letztere war die Ausweisung in den als Heimatort eingetragenen Ort, wenn sie keine Arbeit hatten. Dies betraf besonders die Vielzahl der Tagelöhner und Handwerksgesellen oder Dienstmädchen. Paradox wirkt in diesem Zusammenhang, dass es ebenso Voraussetzung war, dass die Person, die nach Mannheim wollte, kein bürgerliches Handwerk oder Gewerbe eröffnen würde. So wollte man verhindern, dass Immigrierte den Ansässigen Betrieben Konkurrenz machten.
Wer die angesprochenen Bürgerrechte oder zumindest Beisassenrechte wollte, musste einen Vermögensnachweis erbringen, der noch teurer als in den nahegelegenen Städten Karlsruhe und Heidelberg war. Für die politisch-rechtliche Integration verlangte die Stadt 800 Gulden, um sicher zu stellen, dass die Neuankömmlinge zum Wohlstand Mannheims beitragen konnten.

Johann Wilhelm Reinhardt war ein Migrant, der in Mannheim Karriere machte. Einblicke in sein Leben finden sich im Aufsatz Sarah Pisters. Ölgemälde um 1810. MARCHIVUM

Tiefer in die Regelung des Bürger- und Beisassenrechts, eine sozio-ökonomische Analyse der Migrant*innen der Zeit und weitere Aspekte zur Migration im Zeitraum von 1778 bis 1815 finden Sie im Aufsatz Sarah Pisters in der Publikation:
Philipp Gassert, Ulrich Nieß, Harald Stockert (Hg.): Zusammenleben in Vielfalt. Zuwanderung nach Mannheim von 1607 bis heute. Veröffentlichungen zur Mannheimer Migrationsgeschichte. Bd.1. verlag regionalkultur. Mannheim 2021. ISBN 978-3-95505-311-6
Sie ist im MARCHIVUM-Shop erhältlich.

Dr. Max Silberstein – Ein Mannheimer mit Leib und Seele

„Ein Mannheimer mit Leib und Seele“: Diese Charakterisierung Max Silbersteins stammt vom ehemaligen Oberbürgermeister Hans Reschke anlässlich einer großen Ehrung. 1966, genau 1200 Jahre nach der ersten Erwähnung Mannheims im Lorscher Codex, führte die Stadt Mannheim eine neue Bürger-Auszeichnung ein, den Ehrenring. Dr. Max Silberstein war in jenem Jahr einer von drei Erstempfängern dieses Rings. Sein Geburtstag jährt sich am 3. April 2022 zum 125. Mal – Grund genug, die Erinnerung an diesen großen und leidenschaftlichen Mannheimer wachzurufen.

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Queer im Leben - Mannheims erster CSD

Der Christopher Street Day (CSD) ist mittlerweile eine feste Institution im Mannheimer Veranstaltungskalender. Doch wann war eigentlich der erste CSD in Mannheim? Dies zu beantworten ist gar nicht so einfach. Im Folgenden wird Christian Könnes Antwort aus "Queer im Leben – Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in Geschichte und Gegenwart der Rhein-Neckar-Region" nachvollzogen.

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