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August Wilhelm Iffland - Leben mit "Ganymed" und Gattin

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Iffland, August Wilhelm 1759-1814

Die neue Publikation „Queer im Leben! – Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in Geschichte und Gegenwart der Rhein-Neckar-Region“ wird, wie bereits angekündigt, nun häufiger Gegenstand auf unserem Blog sein. Einen nicht unerheblichen Teil des Werks machen Exkurse in Biographien bekannter Persönlichkeiten aus, an denen die beschriebenen Inhalte ganz konkret deutlich werden. Einer dieser Exkurse dreht sich um Schauspieler und Intendant August Wilhelm Iffland.

Iffland, der 1779 mit 20 Jahren nach Mannheim kam, wurde schnell ein Star der Schauspielszene. 1782 spielte er den Franz Moor in der Uraufführung von Schillers „Die Räuber“ im Nationaltheater, was ihm ein großes Renommee als Charakterdarsteller einbrachte. Schiller selbst prophezeite dem jungen Iffland, ein Meister der Schauspielkunst zu werden. Neben Ifflandstraßen vielerorts zeigt der Ifflandring, der noch heute von Schauspieler zu Schauspieler jeweils an den „bedeutendsten und würdigsten Bühnenkünstler des deutschsprachigen Theaters“ auf Lebenszeit weitergegeben wird, die große Bedeutung des Künstlers.

Kurz vor diesem bahnbrechenden Auftritt, nämlich im Jahr 1781, soll sich Iffland in einen Leutnant verliebt haben. Diese Überlieferung – ein „Coming-Out“ von Iffland selbst gab es wohl nie – ist einer der Bausteine, aufgrund derer seine Zeitgenossen homosexuelle Vorlieben bei ihm vermuteten. Eine Reise mit Wilhelm von Humboldt und Georg Forster zog außerdem nach sich, dass Forster eine „Sonderbarkeit“ bei Iffland festzustellen glaubte. Und ein Verhältnis zu seinem Diener Georg Schreiber, Spitzname „Ganymed“, wird angeführt, wenn über Ifflands sexuelle Orientierung gemutmaßt wird. Diesen wollte er nämlich entgegen dem Drängen seiner Frau – Iffland war seit 1796 verheiratet – nicht entlassen. Aus hauptsächlich diesen subjektiven Eindrücken und Vermutungen speisten sich immer wieder Gerüchte, die sich hartnäckig hielten.


Iffland, August Wilhelm 1759-1814, Schauspieler, Dichter, Schauspieldirektor, Stich von A. Karcher nach Radierung von M. Klotz. MARCHIVUM.

Entsprechend dem Geist der Zeit wurde von „eine[r] unmoralische[n] Neigung gegen sein Geschlecht“ oder „Sodomie“ gesprochen. Darüber hinaus stand er im Verdacht Geheimbünden anzuhängen, was Zeitgenossen von einem „scheuslichen Lebenswandel“ des August Wilhelm Ifflands sprechen lies.

Welche sozialen und beruflichen Auswirkungen diese hatten, wird im Verlauf näher beschrieben. Als sich Iffland 1808/1809 für den Posten des Direktors der drei Wiener Haupttheater bewarb, wurde zuvor eine große Untersuchung durchgeführt, bei der die Polizei Österreichs herausfinden sollte, was es mit diesen „auffallende[n] Gerüchte[n]“ auf sich hatte. Das Ergebnis der Untersuchung war jedenfalls eine Ablehnung des Bewerbers.

Sogar der große Schriftsteller Heinrich von Kleist kam in Kontakt mit Iffland. Als Iffland abgelehnt hatte, im Stück „Das Käthchen von Heilbronn“ zu spielen, reagierte von Kleist gekränkt und schrieb in einem Brief an Iffland, wenn das Käthchen „ein Junge gewesen wäre, so würde es Ew. Wohlgeboren wahrscheinlich besser gefallen haben.“ Diesen Brief zeigte von Kleist zu allem Überfluss wohl noch unter Bekannten herum, um das Ansehen Ifflands zu schädigen. Dies lässt sich auf den August 1810 datieren. Am 21. Oktober desselben Jahres berichteten die "Nordischen Miszellen" passend über ein "Billet an Iffland, welches nachher im Publikum zirkulierte, und worin er sich eben nicht auf die delikateste Weise zu rächen gesucht" habe.


August Wilhelm Iffland in seiner Rolle als Schauspieler, Zeichnung um 1795. Reiss-Engelhorn-Museen.

Obwohl keine Klarheit über die sexuellen Vorlieben Ifflands herrschte und die Gerüchte lediglich auf subjektiven Eindrücken und Vermutungen von Zeitgenossen basierten, galt Iffland seitdem als Homosexueller und wurde als solcher in medizinischen Schriften, aber auch Publikationen der Homosexuellenbewegung angeführt. Letztere hoben hervor, dass sich Iffland trotz dieser Verleumdungen behaupten konnte „und sogar die höchsten Stufen als Schauspieler, Bühnenleiter und Bühnenschriftsteller mir seinen 66 Theaterstücken zu erklimmen“.

Weitere interessante Episoden aus der Geschichte des queeren Lebens in der Rhein-Neckar-Region gibt es in der Publikation "Queer im Leben! Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in Geschichte und Gegenwart der Rhein-Neckar-Region". Das Buch mit beigefügter Film-DVD ist im Verlag Regionalkultur erschienen. Es ist im Shop des MARCHIVUM, im Buchhandel und im Verlag zum Preis von 29,80 Euro erhältlich.

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