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Hilde Baumann

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„Widerstand leisten, wo sich Ungerechtigkeit breitmacht“
Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Hilde Baumann

Die Gewerkschaftlerin und Kommunalpolitikerin Hilde Baumann weiß um die Schwierigkeiten, sich als Frau in öffentlichen Ämtern während der Nachkriegszeit und in der jungen Bundesrepublik durchzusetzen. Rückblickend auf ihr Lebenswerk merkt sie an: „da musstest du immer das Doppelte und Dreifache leisten, was die Männer taten“. Engagiert, aber auch streitbar bleibt die „wilde Hilde“, wie sie später liebevoll von ihren Genoss*innen genannt wird, bis ins hohe Alter: „Die haben wohl alle gedacht, mein Temperament legt sich mit den Jahren.“

Hilde (eigentlich: Hilda Lina Emma) Baumann wird am 15. Juli 1916 in Mannheim-Neckarau geboren. Ihr Vater – der Mechaniker Jakob Baumann – ist überzeugter Sozialdemokrat der ersten Stunde und einer der führenden Köpfe des sozialdemokratischen Widerstands gegen Hitler. Er wird unter der Herrschaft der Nationalsozialisten in den 30er Jahren mehrfach inhaftiert und schließlich 1937 wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Er kann erst 1945 von den Alliierten befreit werden.

Hilde Baumann, um 1926


Schon früh muss die junge Hilde ihre beruflichen Träume aufgeben. Da ihr nach dem Besuch der Städtischen Sozialen Frauenschule und der Privathandelsschule Schüritz ein Studium aus politischen Gründen verwehrt bleibt, schlägt sich die gelernte Stenokonturistin von 1933 bis 1935 mit einer Tätigkeit in einer Wäscherei durch und ist dann bis 1947 im technischen Büro der Heinrich Lanz AG tätig.
Geprägt von der politischen Richtung ihres Elternhauses tritt Baumann bereits 1928 der Sozialistischen Arbeiterjugend bei und ist ab 1946 Mitglied der SPD, für die sie 1953 als Stadträtin in den Gemeinderat zieht. Dieses Amt wird sie bis 1980 ausführen.

Die Stadträtinnen Langendorf und Baumann im Gespräch


Beruflich wendet sich das Blatt zum Guten, als sie 1947 eine Anstellung bei der IG Chemie, Papier, Keramik annimmt. Hier avanciert sie ab 1953 zur Bezirkssekretärin, dann von 1964 bis zu ihrem Ruhestand 1977 zur Gewerkschaftssekretärin. Dass ihr soziale Belange sehr am Herzen liegen, zeigt sich nicht allein in ihren vielfältigen Ehrenämtern: Bereits ab 1946 ist sie Mitglied des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes, für den sie bis 1977 als ehrenamtliche Leiterin der Frauenabteilung des Ortsauschusses Mannheim tätig sein wird. Sie bringt sich über 20 Jahre im Rundfunkrat des SDR ein, ebenso als Schöffin, Arbeitsrichterin und Landesarbeitsrichterin in Mannheim. Mehr als 50 Jahre ist sie Mitglied der Arbeiterwohlfahrt, deren Vorsitz sie ab 1963 übernimmt und erst im Alter von 82 Jahren abgibt. Darüber hinaus engagiert sie sich im Seniorenausschuss der Gewerkschaft.
Als eine der „Frauen der ersten Stunde“ arbeitet sie eng mit ihren Stadtratskolleginnen Karoline Ludwig, Lena Maurer und über Parteigrenzen hinweg mit Maria Scherer im Gemeinderat zusammen. Eine gewerkschaftliche Karriere auf Landesebene schlägt sie aus, da sie ihre Mutter nicht in Mannheim zurücklassen will. Auf kommunaler Ebene wird mit ihrer tatkräftigen Unterstützung die Abschaffung der Frauenleichtlohngruppen, die Arbeitszeitverkürzung auf 40 Wochenstunden, der 30-tägige Jahresurlaub und das 13. Monatseinkommen in der Chemiebranche erreicht.
Neben zahlreichen Auszeichnungen und Ehrenmitgliedschaften wird ihr das Bundesverdienstkreuz, die Hans-Böckler- und die Marie-Juchacz-Medaille verliehen.
Ihr Nachlass gelangt 2004 durch die Vermittlung einer ehemaligen Arbeitskollegin an das Stadtarchiv. Neben ihren persönlichen Unterlagen wie Mitglieds- und Parteibüchern und Ehrenurkunden sind besonders die Unterlagen zu ihrem Vater Jakob von Interesse. U.a. ist das von seiner Ehefrau nach seinem Tod angestrebte Entschädigungsverfahren gegen das Land Baden-Württemberg dokumentiert.

Delegierten-Karte für Hilde Baumann zur 1. Bundes-Frauenkonferenz des DGB


Hilde Baumann verstirbt am 23. April 2012. Der Oberbürgermeister der Stadt Mannheim Peter Kurz würdigt sie in der Traueranzeige: „Ihre politische Grundhaltung, für die sie in der Nazidiktatur trotz Verfolgung und Repression stets eingestanden war, prägte ihren kommunalpolitischen Einsatz ebenso wie ihr berufliches Wirken in der Gewerkschaftsarbeit und ihr vielfältiges ehrenamtliches Engagement.“

 

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Gertrud Beinling

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Gertrud Beinling war Bildhauerin und Erzieherin. Ihre zweite Profession hatte einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf ihre Bildhauerei. Zudem konnte sie sich die künstlerische Arbeit durch die Tätigkeit als Erzieherin erst leisten.
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