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Sich in die Dinge einfühlen, sich ihnen unterordnen, in sie hineinschlüpfen: Ulla Wolff-Krebs

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Ausweispapier

Der Nachlass von Ursula "Ulla" Wolff-Krebs ist aus zweierlei Hinsicht interessant. Zum einen war Ulla Wolff-Krebs eine spannende Persönlichkeit und wirkmächtige deutsche Künstlerin, zum anderen lässt sich anhand ihres Nachlasses ein kleiner Exkurs in die rechtlichen Rahmenbedingungen der Archivarbeit unternehmen.

So ist der Nachlass zum Großteil, nicht aber komplett einsehbar. Er gelangte Mitte der 1990er Jahre in unsere Bestände und manche Archivalien aus dem Bestand unterliegen noch einer dreißigjährigen Schutzfrist. Diese Frist beginnt mit dem Jahr der letzten Archivalie innerhalb einer Akte. Wenn also in einer Akte ein Schriftstück aus dem Jahr 1992 enthalten ist, wird die gesamte Akte erst im Jahr 2022 öffentlich. Aus diesem Grund taucht der Nachlass als Ganzes auch nicht in unserem Recherche-Tool "Findstar2" auf, sondern nur bereits zugängliche Einzelakten, die nicht mehr von der Schutzfrist betroffen sind.

Aufgrund der Größe des Nachlasses lässt sich dennoch ein guter Eindruck von der Persönlichkeit von Ulla Wolff-Krebs gewinnen. Der Nachlass enthält persönliche Unterlagen und Aufzeichnungen, ihren Beruf betreffendes wie zum Beispiel Zeitungsartikel oder Kritiken, Korrespondenzen mit verschiedenen Personen sowie einige Fotographien. Das Folgende ist der Versuch eines Porträts dieser Künstlerin, die sich und ihre Kunst selbst einmal "vielleicht in der Nähe des phantastischen oder abstrahierenden Realismus" verortet hat.

Das Licht der Welt erblickt Wolff-Krebs am 23. Januar 1918 in Danzig als neuntes von zehn Kindern. Aufgrund einer dienstlichen Versetzung des Vaters kommt Ulla im Alter von zehn Jahren nach Mannheim. Ihre Schulbildung erhält sie zunächst in der Volksschule und später in einer katholischen höheren Mädchenrealschule.

Im Jahr 1933 macht sie eine Ausbildung zur Damenschneiderin. Ein künstlerisches Studium absolviert sie vom Jahr 1941 für zwei Jahre an der Akademie der Bildenden Künste in München und 1944 bis 1952 an der Kunstakademie in Karlsruhe. Hier ist sie Schülerin des bekannten Expressionisten Erich Heckel und des Kunstprofessoren Karl Hubbuch. Mit letzterem verbindet sie zeitlebens eine enge künstlerische Freundschaft.

Lehrbrief und Prüfungszeugnis

In diese Studienzeiten fallen mehrere wichtige Ereignisse privater Natur. So schließt sie am 1. April 1943 ihre erste Ehe, die 1946 wieder geschieden wird. Aber auch der zweite Weltkrieg hat Auswirkungen auf Ulla Wolff-Krebs Leben. Sie wird 1943 für ein Jahr ins Elsass evakuiert, nachdem ihr Mannheimer Domizil im rechten Flügel des Schlosses ausgebombt wird.

Bei ihrer Rückkehr zieht sie in den Keller des Schlosses, um kurz darauf für ein weiteres Jahr aus Mannheim zu verschwinden. 1946 schließlich kehrt sie nach Mannheim zurück und wird der Stadt fortan die Treue halten. Zunächst knapp zwanzig Jahre in der Oststadt wohnhaft, zieht sie 1964 nach Neckarau, wo sie bis zu ihrem Lebensende bleiben wird. 1968 heiratet sie den Kunsthistoriker Dr. Harald Wolff, mit dem sie bis zu dessen Tod 1972 zusammenbleibt. Das innige Verhältnis der Eheleute lässt sich auch in ihrem Nachlass anhand von Briefen nachvollziehen.

Ihre Künstlerinnenlaufbahn kann sie bereits als Studentin in beeindruckendem Maße vorantreiben. Eine Ausstellung des badischen Kunstvereins 1946 ist für sie die erste Möglichkeit, ihre Arbeiten auszustellen. Eine Vielzahl von Ausstellungen im In- und Ausland folgen, und ihr Schaffen wird mit einer Reihe von Preisen geehrt. So erhält sie 1951 den Kunstpreis der Freunde der Bildenden Kunst in Mannheim, 1952 den Hauptpreis bei der Ausstellung "Eisen und Stahl" in Düsseldorf und 1954 den Staatspreis von Nordbaden sowie den Kunstpreis der Jugend in Baden-Württemberg.

Ihren Lebensunterhalt verdient sie unterdessen als Lehrerin an der Mannheimer Abendakademie, als Leiterin der Jugendmalstunden der städtischen Kunsthalle und von 1956 bis zu ihrer Pensionierung 1971 als Kunsterzieherin am Johann-Sebastian-Bach Gymnasium in Neckarau. Die Arbeit mit Kindern begeistert sie und weckt ihr Interesse an Kindergesichtern als künstlerischem Gegenstand. Der Mannheimer Morgen resümiert 1993 sogar: "Gesichter haben es ihr zeitlebens angetan, vor allem aber wollte sie ihren eigenen Arbeiten ein markantes unverwechselbares Gesicht geben."

Titelseite eines Werbungsflugblattes für eine Ausstellung in der Mannheimer Kunsthalle im Jahr 1955

Sie selbst beschreibt das, was sie fasziniert, einmal so: "Am stärksten packt mich alles, was Größe hat, einfach ist und Charakter hat, die Landschaft zum Beispiel mit großem Himmel und Wasser, wie im Norden, ein klassisch schönes Gesicht, das antike Züge trägt, ein Antlitz voller Stille und Tiefe."

Die Online-Enzyklopädie "Munzinger" beschreibt ihren Stil wie folgt: "In ihren Arbeiten zeigt sich ein eigener kraftvoller Stil, aus der meist zurückhaltenden Farbgebung vermag hin und wieder ein hellerer Ton aufzuleuchten, wie etwa in dem Bild "Mädchen in gelber Jacke". Ein versonnener Ernst, der manchmal fast zu Melancholie wird, ist ihren Werken eigen, die nord- und süddeutsche Landschaften ebenso wie technische Motive oder den Menschen, insbesondere den jungen Menschen, zum Thema haben."

Obgleich die bisher besprochenen Bildenden Künste ihr Hauptbetätigungsfeld darstellen, widmet sich Ulla Wolff-Krebs ab 1966 auch dem Schreiben und Erzählen und veröffentlicht insgesamt drei Gedichtbände in Deutschland und Österreich. Der letzte Band mit dem Namen "Seiltänzer" vereint Gedichte, Holzschnitte und Zeichnungen und erscheint 1988. Ihren Schaffensdrang behält sie demnach bis zuletzt bei. Ulla Wolff-Krebs verstirbt vier Jahre später am 24. Juni 1992 im Alter von 74 Jahren.

Doppelseite aus einer Skizzen- und Lyriksammlung von 1988-1989

 

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