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Die "Pfalzgräfin" in Friedrichsfeld: Lilli Gräber

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Lilli Gräber

Nach Mannheim und in ihren Stadtteil Friedrichsfeld kam Stadträtin Lilli Gräber immer gerne nach einer Reise zurück. Die Arbeit für die Menschen in Mannheim und besonders Friedrichsfeld bedeutete ihr viel.

Politisches Engagement, sich um die Belange der Arbeiter*innen zu kümmern, das wird Lilli Gräber schon in die Wiege gelegt, als sie 1918 in Buchholz/Pommern auf die Welt kommt.

Ihr Vater, Georg Gräber, ist im selbstständigen Friedrichsfeld SPD-Gemeinderat. Nach der Eingemeindung 1930 ist er im Gemeinderat der Stadt Mannheim und erster Vertreter des Stadtteils Friedrichsfeld von 1947 bis 1953. Er stirbt 1960 nach langer Krankheit.

Georg Gräber, ca. 1930er Jahre

Im Nachlass von Lilli Gräber, der 2006 als Schenkung ins MARCHIVUM kommt, finden sich auch Unterlagen ihres Vaters wie sein Parteibuch der SPD, sein Reisepass, sein Militärpass und andere persönliche Unterlagen.

Seine Tochter folgt seinem Beispiel und ist zunächst von 1958 bis 1962 Bezirksbeirätin im neuformierten Bezirksrat in Friedrichsfeld. Sie wird schließlich 1963 in den Gemeinderat gewählt. In diesem Jahr übernimmt sie auch den Vorsitz der Freireligiösen Gemeinde, den sie bis 1975 innehat. Bis 1989 bleibt sie im Gemeinderat als Stadträtin.

Gemeinderat: Skizze aus dem Nachlass, 1960erJahre

Sicherlich durch ihren Vater geprägt, tritt Lilli Gräber 1928 der sozialistischen Jugendbewegung "Falken" bei. Die Organisation wird 1933 von den Nationalsozialisten verboten. Ihr Vater wird während einer Gemeinderatssitzung verhaftet und kommt 18 Monate in Einzelhaft. Der Vorwurf der Nationalsozialisten lautet Hochverrat.

Da Lilli und ihre Familie als politische Feinde gelten, bleibt ihr die gewünschte Karriere als Kinderärztin versagt. Ihr ist es verboten, eine Hochschule zu besuchen. Eine Lehrstelle findet sie auf Vermittlung einer Lehrerin beim jüdischen Kaufhaus Herzberg am Messplatz (heute Alter Messplatz). Dort absolviert sie von 1934 bis 1937 ihre Lehre als Verkäuferin. Im Anschluss arbeitet sie u.a. im Kaufhaus Herzberg, das 1937 "arisiert" wird, und in anderen Modehäusern.

Lilli Gräber, ca. 1980er Jahre

Ab Februar 1940 arbeitet sie erst als Gehilfin, später als Kontoristin bei der Berufskrankenkasse für Kaufmannsgehilfen und weibliche Angestellte (später DAK). Sie wird bis kurz vor Kriegsende an verschiedenen Standorten eingesetzt und arbeitet zuletzt am Standort Mannheim.

Nach dem Krieg tritt sie im Oktober 1945 in die SPD ein und wird bald Vorsitzende der Jungsozialisten in Mannheim. In ihrem Nachlass findet sich auch das unten abgebildete Parteibuch der SPD.

SPD-Parteibuch, 1950er Jahre

In ihrer politischen Arbeit stehen stets die Menschen und Friedrichsfeld im Vordergrund. Die Wahlwerbung aus ihrem Nachlass zeigt, wie sie Friedrichsfeld bei ihrem Kampf um die Wählerstimmen stets im Blick hat.

Wahlwerbung, 1960er Jahre

Ihre zahlreichen Ehrenmitgliedschaften zeugen von ihrem Engagement für Friedrichsfeld (u.a. Turnverein 1892, Vereinigung der Handharmonika, Kleingarten-Verein und GV Liederkranz 1877). Auch dazu finden sich im Nachlass Quellen wie Ehrenurkunden und Ehrennadeln. Lilli Gräber unternimmt mit großer Freude viele Reisen. Der im Nachlass befindliche Reisepass mit vielen Stempeln und die vorhandenen Fotos zeigen diese Leidenschaft der engagierten Stadträtin.

Die "Pfalzgräfin", wie sie vom damaligen Oberbürgermeister Gerhard Widder genannt wird, erhält 1988 das Bundesverdienstkreuz am Bande und 1990 die damals neugeschaffene Bürgermedaille für ihre Verdienste um Mannheim, seine Bürger*innen und Friedrichsfeld.

OB Widder verleiht die Bürgermedaille an Lilli Gräber im Schloss, 1990

Am 22. Juli 1992 stirbt Lilli Gräber mit 74 Jahren in Mannheim. Die vielen Vereine, die sie unterstützte, die Projekte, die sie in Friedrichsfeld initiierte, und auch die nach ihr benannte Lilli-Gräber-Sporthalle in Friedrichsfeld-Seckenheim lassen die Friedrichsfelderin nicht in Vergessenheit geraten.

Auch wenn er nicht zu den umfangreichsten zählt, so gewährt Lilli Gräbers Nachlass im MARCHIVUM Einblicke in das Leben einer sehr engagierten Frau, die früh durch die Familie politisch geprägt wurde und sich stets für die Bürger*innen in Mannheim einsetzte.

 

alles zum Thema: Gräber, Lilli, Nachlasswelten

Jakob Sommer - "Kämpfer für Menschenwürde"

Sein Leben hatte er den Menschen in Mannheim und den Arbeiterrechten gewidmet. Als aufrechter und toleranter Mann blieb er den Mannheimerinnen und Mannheimer in Erinnerung. Er stand mit Leidenschaft für seine Überzeugungen ein, konnte aber auch die Meinungen und Argumente anderer anerkennen. Als "Kämpfer für Toleranz und Gerechtigkeit", aber auch als "Mann des Ausgleichs", so charakterisierte Oberbürgermeister Hermann Heimerich seinen Freund Jakob Sommer bei dessen Beerdigung (Allgemeine Zeitung, 16.3.1955).

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