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Der Nachlass Will Sohl

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Fotografie Will Sohl

Der Künstler Will Sohl, 1906 in Ludwigshafen geboren, in Mannheim-Neuostheim aufgewachsen und ab 1936 bis zu seinem Tod 1969 in Heidelberg-Ziegelhausen lebend, war seiner Heimatregion zeitlebens stark verbunden. Das MARCHIVUM erhielt im Jahre 2017 seinen schriftlichen Nachlass von den Künstlernachlässen Mannheim. Darunter sind hunderte Briefe, Rechnungen, Exponatslisten, Zeitungsauschnitte, Ausstellungsveröffentlichungen, Fotos und Bücher. Anhand dieser Dokumente sollen im Folgenden einige Schlaglichter auf sein Leben geworfen werden.

Ende des Jahres 1969 erreichten Ruth Sohl, die Witwe des kürzlich verstorbenen Will, eine Flut von Kondolenzschreiben und Trauerbekundungen, darunter das des Vorsitzenden des Mannheimer Kunstvereins Wilhelm Bergdolt. Darin erzählt er ihr von seiner frühesten Begegnung mit Sohl: Zu Wills Schulzeiten am Lessing Realgymnasium kam es während einer "Primanerfeier" zu Versteigerung eines "Konterfei auf amerikanische Art", welches von dem jungen Rechtsanwalt Bergdolt ersteigert wurde. Das Portrait sei "bis heute noch in meiner Sammlung und ist somit eines der frühesten Werke des von mir hoch verehrten Malers."

Freundschaften und Netzwerke dieser Art pflegten Will Sohl und seine Gattin Ruth zeitlebens. Dies beweisen die Korrespondenzen, die die beiden mit Künstlerfreunden, Museen, Kunsthäusern, Privatsammlern, aber auch mit politischen Entscheidungsträgern seit den Zwanzigerjahren bis zu ihrem Tod führten. Mit gleich drei Direktoren der Mannheimer Kunsthalle pflegten die Sohls engen freundschaftlichen Kontakt: Fritz Wichert, Gustav Friedrich Hartlaub und Walter Passarge. Sohl erhielt noch während seines Studiums in Düsseldorf einen Platz in Sonderausstellungen der Kunsthalle und spätestens 1936 kam das erste Gemälde in deren Sammlung.

Digitalisiertes Bild eines von Sohl eingeklebten Zeitungsartikels

Seine Beziehungen halfen ihm, auch die Zeit des Zweiten Weltkrieges zu überstehen. Direktor Passarge arrangierte es, dass Sohl vom Oberbürgermeister der Stadt Mannheim den Auftrag erhalten hatte, "einen großen figürlichen Wandteppich zu schaffen". In einem persönlichen Schreiben vom 9. Oktober 1940 bescheinigte er, dass Sohl noch drei weitere Wochen von der Front beurlaubt werden müsse, da "der Künstler den Beginn der Arbeit am Webstuhl überwacht, damit der ausgezeichnet gelungene Entwurf in seinem Sinne ausgeführt wird." Weitere Aufträge zur Ausmalung der Dürerschule in Käfertal und im Ilvesheimer Schloss konnten Sohl auch die kommenden Jahre von der Front fernhalten.

Der Künstler Will Sohl, vermutlich kurz nach dem Krieg

Neben der Unterstützung aus dem Rathaus und der Kunsthalle versicherte ihm auch der Kreiskulturwart Franz Fleischmann aus Speyer in einem Brief vom 24. Oktober 1941, dass er "nach wie vor aus innerer Überzeugung für [seine] Kunst eintreten werde." Sohls eher abstrakten Stil zugetan hoffte er, dass "auch die maßgebenden Stellen wirklich einsehen, daß Kunst etwas anderes wie Wirklichkeit ist und daß Kunst nicht alleine von "Können" sondern auch von "Künden“ kommt." Keine Selbstverständlichkeit für einen Maler, dem schon bei seiner ersten öffentlichen Ausstellung im Mannheimer Kunstverein zu Weihnachten 1926 "ein Temperament, das jenseits akademiehafter Schulung eigenwillige Pfade betreten will", von einem Redakteur der Neuen Badischen Landeszeitung bescheinigt wurde. Solche Kritiken wurden von Will und Ruth sorgsam gesammelt und eingeklebt. Neunzehn Hefte und Ordner haben sich so erhalten.

Wie umfangreiche Materialsammlungen aus dem Nachlass zeigen, war Sohl auch nach dem Krieg weiterhin in der Region aktiv. Er war Mitbegründer der Freien Gruppe Heidelberg und der Pfälzer Sezession. Daneben ist auch aus seinem schriftlichen Nachlass ersichtlich, dass er als Gastbühnenbildner im Nationaltheater 1951 tätig war.

Nach seinem Tod versuchte Sohls Witwe Ruth, dessen Erbe fortzuführen. Sie richtete eine Gedenkstiftung mit befreundeten Künstlern als Vorstand ein, arrangierte Gedenkausstellungen in Heidelberg, Ludwigshafen und Mannheim, wovon die reichhaltig überlieferte Korrespondenz zeugt.

Ende Oktober 1985 (eines der jüngsten Dokumente des Nachlasses) erreichte Ruth schließlich ein Brief des damaligen Oberbürgermeisters der Stadt Mannheim Gerhard Widder, in dem dieser ihr den Beschluss des Gemeinderates verkündete, dass in Sohls Kindheitsstadtteil Neuostheim eine Straße nach ihm benannt werden sollte.

Will und Ruth Sohl mit dem befreundeten Schriftsteller Rudolf Hagelstange

Über die künstlerische Bedeutung Sohls hinaus bietet sein Nachlass Historikern die Möglichkeit, sein enges Netzwerk in Kunst und Politik vor und nach 1945 nachzuzeichnen. Ein Artikel in den Mannheimer Geschichtsblättern ist daher angedacht.

Weitere Informationen zu den Künstlernachlässen Mannheim finden Sie hier.

 

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