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Auschwitzüberlebende Zilli Schmidt im Kulturhaus RomnoKher

Der Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Baden-Württemberg hat seinen Sitz im Mannheimer Kulturhaus RomnoKher in B 7, 16. RomnoKher wurde 2008 als Haus für Kultur, Bildung und Antiziganismusforschung eröffnet und tritt seitdem regelmäßig durch Ausstellungen, Vorträge, Lesungen, Konzerte und andere Veranstaltungen hervor. Das MARCHIVUM hat den Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Baden-Württemberg gebeten, über sich und seine Arbeit zu berichten.

Als Bildungseinrichtung, Ort des Gedenkens, Institution des kulturellen Lebens und bürgerrechtliche Beratungsstelle ist der Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Baden-Württemberg e.V. (VDSR-BW) Dialogpartner der Minderheit, der Institutionen des öffentlichen Lebens und der Zivilgesellschaft. Der VDSR-BW widmet sich auch der Sammlung von Zeitzeugeninterviews und Dokumenten, der Erarbeitung und Förderung von Publikationen sowie der Erstellung von Ausstellungen.
Der außerschulische Begegnungs-, Gedenk- und Lernort RomnoKher lässt die kreative Auseinandersetzung mit neuen Sichtweisen auf Geschichte und Gegenwart der Minderheit zum außerschulischen Bildungserlebnis werden. Dabei werden junge Menschen mit Romani-Background sowohl als Teilnehmer als auch als Anleitende einbezogen. Als Methoden eingesetzt werden etwa Oral History und Zeitzeugenbegegnungen, selbstständige Erschließung von Lernmaterial, Theaterpädagogik und Musikpädagogik, digitales und raumbasiertes Lernen.
Mit Lichthof, Kaminzimmer und Kulturkeller verfügt das Kulturhaus RomnoKher über Räume für unterschiedliche Veranstaltungen. Zu den Klassikern im RomnoKher gehört die kulturvermittelnde Begegnungsreihe „Sinti und Roma in Europa“, mit der nicht nur das kulturelle Leben von Sinti und Roma in ganz Europa – im Westen und im Osten, im Norden und im Süden des Kontinents – vorgestellt, sondern auch ihr Beitrag zu den jeweiligen nationalen Kulturen sowie zur europäischen Kultur sichtbar gemacht wird.

Melody Klibisch, Referentin der Forschungsstelle während einer Buchvorstellung im Kulturhaus RomnoKher

Sinti und Roma eine deutsche Geschichte

Sinti und Roma sind seit dem Mittelalter Teil der europäischen Kultur. Seit über 600 Jahren ist das Gebiet des heutigen Bundeslandes Baden-Württemberg ihre Heimat. Heute leben Schätzungen zufolge mehr als 12.000 Angehörige der Minderheit in Baden-Württemberg. Die deutschen Sinti und Roma sind – neben den Dänen, den Friesen und den Lausitzer Sorben – eine von vier in Deutschland anerkannten autochthonen nationalen Minderheiten.
Die deutschen Sinti und Roma sprechen neben ihrer Heimatsprache Deutsch in der Regel auch ihre Muttersprache Romanes. Sie können darum auch als Menschen mit Romani-Background bezeichnet werden, was auf die besondere Stellung der Sprache Romanes verweist, wie sie im deutschen Sprachraum genannt wird, oder Romani, wie sie – auch als Überbegriff für unterschiedliche Sprachvarianten – in der internationalen Diskussion heißt. Dieser inklusive Begriff schließt die autochthone nationale Minderheit der deutschen Sinti und Roma genauso ein wie die nach 1945 als „Gastarbeiter“ nach Deutschland migrierten Roma, von denen viele längst deutsche Staatsbürger sind, die Bürgerkriegsflüchtlinge der 1990er Jahre oder Roma aus neuen EU-Staaten, die seit 2007 in die Bundesrepublik gekommen sind. Die Heterogenität und kulturelle Pluralität der größten europäischen Minderheit, die eine Vielzahl unterschiedlicher Minderheiten darstellt, soll damit zum Ausdruck gebracht werden.
Obwohl Sinti und Roma seit Jahrhunderten zur deutschen und europäischen Kultur gehören, waren sie immer wieder Diskriminierung, Verfolgung und Vertreibung ausgesetzt. Das nationalsozialistische Deutschland verfolgte Sinti und Roma systematisch mit dem Ziel der endgültigen Vernichtung. Etwa 500.000 Sinti und Roma fielen diesem Völkermord im von Deutschland besetzten Europa zum Opfer. Ihr kulturelles Erbe wurde zu großen Teilen zerstört. Die Virulenz des Antiziganismus gehört zu den größten aktuellen Herausforderungen Europas und der Bundesrepublik. Antiziganistische Ressentiments und gewalttätige Angriffe auf Menschen mit Romani-Background nehmen europaweit zu.

Auschwitzüberlebende Zilli Schmidt im Kulturhaus RomnoKher

Gründungsgeschichte einer eigenen Interessenvertretung in Baden-Württemberg

VDSR-BW hat seine Ursprünge in der Bürgerrechtsbewegung der deutschen Sinti und Roma. Diskriminierung bestimmte den Alltag von Sinti und Roma auch in der Bundesrepublik nach 1945. Erst 1982 hat die Bundesrepublik den Völkermord an den Sinti und Roma Deutschlands und Europas anerkannt. Der gemeinnützige VDSR-BW wurde 1986 gegründet. Die Bürgerrechtsarbeit hat zu einem Wandel der politischen Kultur, zur Anerkennung von Vielfalt im Land beigetragen – und auch zu einem wachsenden Interesse an der Kultur und Geschichte von Menschen mit Romani-Background.
Der Landesverband ist durch einen 2013 geschlossenen und 2018 erneuerten Staatsvertrag Partner des Landes Baden-Württemberg und die einzige Einrichtung in Baden-Württemberg, die die Interessen und Rechte von Sinti und Roma im Land umfassend vertritt. Der VDSR-BW wirkt weit über die Landesgrenzen hinaus. Sein Staatsvertrag ist ein deutschland- und europaweit vielbeachtetes Modell.

Besuchen Sie RomnoKher unter:
https://www.youtube.com/romnokher
https://www.facebook.com/vdsr.bw/
https://www.instagram.com/lernort.romnokher/
https://www.sinti-roma.com/


Staatsvertrag 2018, Theresa Schopper (damalige Staatsministerin) und Daniel Strauß (Vorsitzende des VDSR-BW)

alles zum Thema: Migration, Stadtgeschichte

„Unsere Anette“ – Anette Langendorf

„Es ist doch im Deutschen Reich so, dass tatsächlich der Arbeiterschaft gar nicht die Möglichkeit gegeben ist, ihre Kinder zu ernähren, und es ist meines Erachtens ein viel größeres Verbrechen, wenn man Kinder in die Welt setzt, wo man genau weiß, dass man die Kinder überhaupt nicht erziehen und groß bringen kann.“

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