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Eitel Friedrich Freiherr Schilling von Canstatt

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Freiherr Schilling von Canstatt am Schreibtisch

Vor 25 Jahren starb der Gründer und erste Lizenzträger des „Mannheimer Morgen“. Aus diesem Anlass wollen wir einen kurzen Einblick in sein Leben und seine Arbeit geben. Von Schilling erwarb sich um den Aufbau der freiheitlich-demokratischen Presse nach 1945 große Verdienste. Als Herausgeber, Geschäftsführer und Chefredakteur, später auch als Aufsichtsrat, prägte er den „Mannheimer Morgen“ Jahrzehnte lang maßgeblich. Zu seinem 25. Todestag soll sein Leben im Folgenden vorgestellt werden.

Am 1. Juli 1904 wurde Eitel Friedrich Freiherr Schilling von Canstatt in Bad Godesberg geboren. Sein Vater Friedrich (1869–1962) war Rittmeister im kaiserlichen Husarenregiment 7 in Bonn. Seine Mutter war die Kölner Fabrikantentochter Maria Pfeiffer (1879-1962). Nach Beendigung der militärischen Laufbahn seines Vaters lebten seine Eltern in Heidelberg.
Von Schilling war Urenkel des BASF-Gründers Friedrich Engelhorn. Er hatte eine Schwester namens Wera Sieber, geborene Schilling von Canstatt (1901-1990). Ihr Nachlass wird im MARCHIVUM verwahrt und enthält u.a. Briefe der Geschwister.


Die Geschwister Eitel Friedrich und Wera mit vermutlich der Mutter. Foto aus dem Nachlass Wera Siebers.

Nach dem Abitur in Bad Godesberg absolvierte von Schilling zunächst eine kaufmännische Lehre in Hamburg und arbeitete in der Tabakfabrik Schellhaaß Söhne in Bremen. Ab 1931 studierte er in Heidelberg und München Theaterwissenschaft. Mitte der 1930er Jahre war er Reiseleiter der Hamburg-Amerika-Linie und verfasste
Reiseberichte. Der Nachlass Wera Siebers enthält Briefe, in denen von Schilling u.a. von seiner Arbeit auf den Passagierschiffen der Hapag berichtete, wo er Landausflüge organisierte und die Bordzeitung redigierte. Eine Zeit lebte er auch in Berlin und verfasste einige Theaterstücke.


Eitel Friedrich zu Pferde; Foto aus dem Nachlass Wera Siebers

Im Weltkrieg war er als Flieger eingesetzt und geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er bereits Ende Juli 1945 entlassen wurde.
Im Anschluss arbeitete er bei der „Rhein-Neckar-Zeitung“ und der Deutsch-amerikanischen Nachrichtenagentur in Heidelberg. Dort lernte von Schilling den späteren Bundespräsidenten Theodor Heuss kennen, der zu dieser Zeit Mitherausgeber der „Rhein-Neckar-Zeitung“ war. Heuss empfahl ihn den amerikanischen Besatzern als ersten Lizenzträger des „Mannheimer Morgen“. Zunächst erschien die Zeitung unter dem Namen „Der Morgen“, später dann als „Mannheimer Morgen“. Die erste Ausgabe konnte man am 6. Juli 1946 lesen. Von Schilling gab die Zeitung gemeinsam mit Dr. Karl Ackermann, der weniger Monate später zu ihm stieß, als zweitem Lizenzinhaber und gleichberechtigtem Chefredakteur heraus. Dritter Lizenzinhaber war Karl Vetter, der die Verwaltungsarbeit übernahm, aber nur bis Anfang 1948 beim „Mannheimer Morgen“ blieb. „Wer jene Jahre nicht miterlebte, kann sich nicht vorstellen, welch ein Wagnis und welch ein hoffnungsloses Beginnen die Gründung einer Zeitung bedeutet hat. Buchstäblich mußte alles aus dem Boden gestampft werden.“, so Ackermann über die Anfänge des „Mannheimer Morgen“ (MM 1.7.1979).

Porträt, Bohnert und Neusch

Mit der Zeit wurde der Lizenzzwang gelockert und die Beaufsichtigung der Presse durch die Besatzer gemildert. Von Schilling und Ackermann arbeiten lange Jahre einvernehmlich zusammen. Von Schilling heiratete Hella Grosse, deren Kinder Rainer und Constanze er später adoptierte. 1950 siedelte er mit seiner Familie von Heidelberg nach Mannheim über. Nach dem Tod seiner Frau und seiner Eltern zog er 1962 ins elterliche Haus nach Heidelberg zurück. Sein Adoptivsohn Rainer von Schilling wurde 1975 Mitherausgeber und Mitgesellschafter des „Mannheimer Morgen“. Von Schilling selbst war noch bis 1984 beim „Mannheimer Morgen“ aktiv.
Dem gerne und viel reisenden von Schilling war das Zusammenwachsen Europas ein besonderes Anliegen. Darum war er Mitbegründer der Europa-Union Heidelberg. Außerdem war er Mitglied der deutsch-französischen und der deutsch-englischen Gesellschaft.
In den offiziellen Glückwünschen anlässlich seiner runden Geburtstage und in seinem Nachruf wird er als „liberaler Gentleman“ beschrieben: „Vielfältige Studien und vielseitige Neigungen, Liebe zur Schriftstellerei, ein ausgeprägter liberaler Geist und tief verwurzelte soziale Verantwortung machten von Schilling zum idealen Publizisten, geachteten Chef, zum väterlich sorgenden Prinzipal.“ (MM 1.7.1994). Von Schilling prägte „die Zeitung mit seiner Toleranz, seiner Fairneß und seinem Anspruch auf Qualität und Unabhängigkeit“ (MM 29.7.1997). Legendär waren in der Redaktion wohl die „Grünen Zettelchen“, die mit ironischen oder sarkastischen Anmerkungen versehen auf den Schreibtischen der Redakteure landeten, wenn ihm etwas missfiel. (MM 1.7.1989). Seine Kritik wurde als beißend und spöttisch beschrieben, allerdings nicht als verletzend.

Er starb am 25. Juli 1997 starb er im Alter von 93 Jahren in Baden-Baden.

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