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Parteien in der Weimarer Zeit: Zentrum und Liberale (Teil 2)

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Der Kopf eines Plakats der Deutschen Volkspartei. Darauf Schlote, die rauchen und im Rauch der Schriftzug "Wenn der Schornstein rauchen soll"

Heute stehen in unserem Blog das katholisch geprägte Zentrum und die liberalen Parteien im Mittelpunkt der Betrachtung. Insbesondere sollen folgende Fragen beantwortet werden: Welche Haltung hatten die Parteien zur Republik? Wie war ihr Stellenwert in Mannheim? Wie schnitten sie bei den Reichstagswahlen ab? Und welche Namen sind mit den Mannheimer Ortsgruppen verbunden?

Nach den turbulenten Anfangsjahren stabilisierte sich die Republik Mitte der 1920er Jahre. Auch wenn die Wahlen mal stärker zugunsten der SPD und den bürgerlichen Parteien, mal mehr zugunsten der Rechten und Linken ausfielen, so fanden die republiktragenden Parteien doch breite Zustimmung in der Bevölkerung.

Eine dieser staatstragenden Parteien war das 1870 gegründete, katholisch geprägte Zentrum. Es blieb in Mannheim in Anhängerschaft und Programmatik relativ konstant. Zwar lag der Anteil der Wähler*innen in Mannheim unter dem Anteil der Zentrumswähler*innen in ganz Baden und meist unter dem Anteil in der Republik, doch war die Partei eine feste Größe in der Stadt. Während der Weimarer Jahre erreichte sie in Mannheim bei den Reichstagswahlen immer rund 14-15% der Stimmen.

Die Lehrerin Maria Rigel war eine bekannte Vertreterin des Mannheimer Zentrums. 1926 wurde sie als erste Frau Rektorin einer Mannheimer Schule und gründete die Ortsgruppe des Katholischen Deutschen Frauenbundes, dessen Vorsitz sie übernahm. Sie saß lange Jahre im Badischen Landtag und im Landesvorstand ihrer Partei, die die bürgerliche Gesellschaftsordnung guthieß, eine aktive Sozialpolitik betrieb und um Ausgleich bemüht war. Das Zentrum befürwortete christliche Schulen (Konfessionsschulen) und wandte sich gegen die vollständige Trennung von Kirche und Staat.


Plakat der Zentrumspartei zur zweiten Reichtagswahl, 1924, MARCHIVUM.

Zusammen mit SPD und Deutscher Demokratischer Partei (DDP) arbeitete das Zentrum in der Weimarer Koalition am Aufbau der parlamentarischen Demokratie und war bis 1932 an allen Reichsregierungen beteiligt. Fünf Reichskanzler (sofern man den ab 1932 parteilosen Franz von Papen mitzählt) wurden vom Zentrum gestellt, wobei Heinrich Brüning, der von 1930 bis 1932 vorwiegend mit Notverordnungen regierte, den Übergang von der parlamentarischen Regierungsweise zu den Präsidialkabinetten markierte.

Brüning sprach übrigens im Oktober 1932 vor rund 10.000 Personen im Rosengarten: „Die Zentrums-Partei werde nicht erlahmen in ihrem Kampf um die Rechte des Volkes, sie werde für eine maßvolle Demokratie und eine vernünftige stabile Regierung kämpfen, die Ruhe, Ordnung und Vertrauen im Inneren sowie Freiheit und Gleichberechtigung gegenüber dem Ausland verheiße.“ (Neue Mannheimer Zeitung, 24.10.1932). Doch bereits ein Jahr später musste sich das Zentrum unter dem Druck der Nationalsozialisten auflösen.


Plakat der Zentrumspartei, ca. 1920-1925, MARCHIVUM.

Die liberalen Parteien fanden in Mannheim traditionell zunächst breite Zustimmung. Am erfolgreichsten waren die linksliberale Deutsche Demokratische Partei (DDP) und die nationalkonservative Deutsche Volkspartei (DVP), die in Mannheim unter dem Namen Deutsche liberale Volkspartei (DlVP) antrat.

Die DDP entstand 1918 aus der Fortschrittlichen Volkspartei und der Nationalliberalen Partei. In Mannheim war am 28. November 1918 ein Ortsverein der DDP durch Umbenennung des „Vereins der Fortschrittlichen Volkspartei“ gegründet worden, dem sich Vertreter*innen der Nationalliberalen anschlossen.

Auch die DDP stand auf dem Boden der demokratischen Ordnung und trat für individuelle Freiheit und soziale Mitverantwortung ein. Sie befürwortete eine Privatwirtschaft mit begrenztem staatlichen Einfluss. Außenpolitisch setzte sie auf Verständigung.  Bis 1932 war sie an fast allen Reichsregierungen beteiligt.

In Mannheim erreichte sie bei der Wahl 1919 über 20 % der Stimmen, sank aber 1920 auf rund 9 %, während die nun antretende DVP rund 13 % der Stimmen für sich verbuchen konnte. Ein Ergebnis, das die DDP sehr enttäuschte und das sie bis Ende der 1920er Jahre bei den Reichstagswahlen nicht mehr ausbauen konnte.1930 ging sie in der Deutschen Staatspartei auf. Diese und die DVP stellten sich bei der Reichstagswahl desselben Jahres in Mannheim als Einheitsliste zur Wahl und erreichten zusammen 14,1 %, ehe sie im Zuge der Weltwirtschaftskrise massiv an Stimmen verloren.


DDP-Plakat zur Reichstagswahl, 1928, MARCHIVUM.

Bekannte Mannheimer Vertreter der DDP waren beispielsweise der Unternehmer und Handelskammerpräsident Emil Engelhard und Stadtschulrat Anton Sickinger. Erwähnenswert ist außerdem die DDP-Politikerin und beamtete Altenpflegerin Alice Bensheimer. Sie setzte sich in ihrem kommunalpolitischen Wirken überaus engagiert für soziale Belange und die Gleichberechtigung der Frauen ein.

Die zweite, aus den gleichen Wurzeln entstandene liberale Partei war die bereits genannte nationalkonservative DVP. Sie vertrat die Interessen der Schwerindustrie, des Großbürgertums und des gewerblichen Mittelstandes. Zunächst stellte sie sich als Anhängerin der Monarchie gegen die parlamentarische Republik. Unter Gustav Stresemanns Vorsitz näherte sie sich dieser aber an und beteiligt sich an der Regierung. Nach Stresemanns Tod im Jahr 1929 erstarkten die antiparlamentarischen Kräfte erneut.

In einem Mannheimer Aufruf der Partei hieß es 1919: „Sie [die DVP] erkennt wohl die gegebene Staatsform an, sie steht aber zu der gegenwärtigen Reichregierung in begründetem Gegensatz.“. Ihr Ziel sah sie in einem „Deutschland der Ordnung, Festigkeit und Sitte“ (Generalanzeiger, 5.6.1920) und in der „Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit von Industrie und Handel“ (Wahlaufruf, 1919). Die DVP erreichte 1920 rund 13 % der Mannheimer Stimmen, vier Jahre später dann 16,2 % und 1928 15,2 %.


Plakat der Deutschen Volkspartei, 1925, MARCHIVUM.

Eine bekannte Vertreterin der Mannheimer DVP war die Mitbegründerin und Leiterin der Sozialen Frauenschule Dr. Marie Bernays. Nachdem 1919 die Frauen das aktive und passive Wahlrecht erhalten hatten, stellte sich die Nationalökonomin bereits 1920 für die DVP zur Reichstagswahl auf. Zwar gelang ihr der Sprung nach Berlin nicht, doch saß sie von 1921 bis 1925 für den Wahlkreis Mannheim im badischen Landtag.

Zusammen kamen die liberalen Parteien in Mannheim also zunächst auf über 20 % der Stimmen. Doch mit dem Einsetzen der Weltwirtschaftskrise sanken die nur eingeschränkt für die Republik eintretende DVP wie auch die republiktreue DDP in die Bedeutungslosigkeit hinab. 1933 erfolgte ihre Auflösung auf Druck der Nationalsozialisten.

Wer einen detaillierteren Blick auf die Weimarer Republik möchte, ist in der Dauerausstellung "Was hat das mit mir zu tun?", die Anfang Dezember eröffnet, genau richtig!

Parteien der Weimarer Zeit: Die Arbeiterparteien (Teil 1)

Im Zuge der Novemberrevolution von 1918 bildete sich auch in Mannheim ein Arbeiter- und Soldatenrat. Besetzungen, Demonstrationen, Unruhen und Streiks waren wie überall im Reich an der Tagesordnung. Dennoch gelang in diesen turbulenten Tagen mit der Verabschiedung der Weimarer Verfassung die Errichtung einer parlamentarischen Republik. Die bedeutsamsten Parteien der Weimarer Zeit, ihre Haltung zur neuen Republik und die Entwicklung ihrer Wählerschaft in Mannheim soll am Beispiel der Reichstagswahlen in drei Teilen auf unserem Blog in den Blick genommen werden.

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