Breadcrumb-Navigation

125 Jahre christliche Freimaurerei in Mannheim

Kategorien
Eckhaus der Loge Wilhelm zur Dankbarkeit mit Café im Vordergrund. Menschen sitzen an den Tischen vor dem schönen Haus

Am 24. Oktober 1897 gründeten evangelische und altkatholische Männer unter der Konstitution der preußischen Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland die Johannisloge „Wilhelm zur Dankbarkeit“ und damit eine der ersten christlichen Logen in Südwestdeutschland. Die meisten davon waren schon seit vielen Jahren Freimaurer. Denn bei den Stiftern handelte es sich um vierzehn ehemalige Mitglieder der Mannheimer Loge „Carl zur Eintracht“ sowie um ein Mitglied der Frankenthaler Loge „Zur Freimütigkeit am Rhein“.

Beide Logen gehörten der Großloge „Zur Sonne“ in Bayreuth an, die eine humanistische Ausrichtung aufwies. Die Lehrart der Großloge „Große Landesloge der Freimauer von Deutschland – Freimaurerorden“ ist dagegen bis heute auf dem christlichen Glauben gegründet. Die Mitglieder der Ordenslogen sehen deshalb in Jesus Christus ihren Obermeister.

Die Mannheimer Loge „Carl zur Eintracht“ konnte zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Gründer bereits auf eine sehr lange Tradition zurückblicken, denn die Loge entstand bereits 1756 unter dem Namen „St. Charles de l’Union“ und gilt damit als eine der ältesten deutschen Bauhütten. Nach einer wechselvollen Geschichte und zeitweisen Verboten, nahm die seit 32 Jahren ruhende Johannisloge 1845 die Arbeit wieder auf und wurde 1846 von der Großloge „Zur Sonne“ in Bayreuth anerkannt.

Nach ihrem Austritt begannen die Stifter unverzüglich mit der Vorbereitung der Neugründung. Zunächst musste entschieden werden, welcher Großloge die neue Johannisloge fortan angehören solle. Wenngleich bereits im Trennungsschreiben an die Mutterloge vom 14. Mai 1897 der Wille bekundet wurde, sich zukünftig dem Schutz einer der drei preußischen Großlogen zu unterstellen, war ein finale Auswahl noch nicht getroffen. Nach entsprechenden Sondierungen entschied man sich einhellig für die Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland und richtete ein entsprechendes Gesuch an diese. Der Landesgroßmeister sicherte zwar zu, die Neugründung zu fördern und zu erleichtern. Allerdings mussten die fünfzehn Brüder zunächst bei einer anderen Ordensloge als Mitglieder angenommen werden. Erst dann konnten sie selbst als Stifter fungieren. Logenmeister Eduard Metzener, zu dem bereits ein brüderlicher Kontakt bestand, bot an, die Mannheimer beim anstehenden Johannisfest der Loge „Wilhelm zur Unsterblichkeit“ in Frankfurt anzunehmen. Auf diese Weise wurden alle Stifter zunächst – wenngleich nur für wenige Monate – Mitglieder der Frankfurter Ordensloge.

Eine essentielle und zugleich arbeitsreiche Aufgabe stellte die Beschaffung geeigneter Räumlichkeiten dar, welche nicht nur die Durchführung der rituellen Tempelarbeiten, sondern auch ein angenehmes Klubleben ermöglichen sollten. Die Suche danach gestaltete sich schwierig und war zunächst von Enttäuschungen geprägt. Schließlich ergab sich die Gelegenheit, repräsentative Räumlichkeiten im Hotel „Markgraf Wilhelm“ in L 12, 16 anzumieten.

Das Vorhalten angemessener Logenräume war eine von mehreren Verpflichtungen, die gegenüber der Großloge erfüllt werden mussten. Das von dieser vorgelegte Reversformular wurde am 6. Oktober 1897 vervollständigt, unterzeichnet und an die Große Landesloge zurückgesandt. Damit waren die formalen Voraussetzungen für die Logengründung erfüllt.

Teil der Verpflichtungserklärung gegenüber der Großen Landesloge mit den Unterschriften und Siegeln der Stifter. Quelle: GStA PK, FM, 5.1.3., Nr. 6974, Blatt 65.

Zur Lichteinbringung in die neu gestiftete Loge erschienen am Sonntag, den 24. Oktober, Brüder von nah und fern, so dass Protokollant Karl Krayer dazu anmerkte: „der … Tempel war schier zu klein, die Festgäste alle zu bergen.“ Landesgroßmeister Hermann Zoellner eröffnete die Arbeit und setzte Ernst Schulze als ersten Logenmeister von Wilhelm zur Dankbarkeit ein.

Nach diesen festlichen Ereignissen, die am Montag mit einem Ausflug nach Heidelberg ihre Fortsetzung fanden, kehrte unverzüglich der Arbeitsalltag in die junge Loge ein. Schon am Dienstag hielten die Beamten ihre Eröffnungssitzung ab. Gegenstand war vor allem die Behandlung von mehreren Aufnahmegesuchen. Die Loge wuchs rasant. In den noch wenigen verbleibenden Wochen des Jahres wurden sieben Suchende auf- und ein Bruder angenommen.

Ein einschneidendes Ereignis war bereits im Februar des Jahres 1898 der berufsbedingte Umzug des Logenmeisters Ernst Schulze nach Hattenheim im Rheingau und der damit verbundene Wechsel in der Leitung der Loge. Sein Nachfolger wurde Heinrich Hartmann, der das Amt des Logenmeisters bis zu seinem frühen Tod im Jahre 1905 ausübte. Der Mannheimer Bauunternehmer (Werle & Hartmann) und nationalliberale Stadtrat kann als die herausragende Persönlichkeit der Entstehungszeit von Wilhelm zur Dankbarkeit bezeichnet werden. Während seiner Hammerführung wuchs die Zahl der Logenmitglieder auf deutlich über einhundert Brüder an.


Kolumbarium der Familie Heinrich Hartmann auf dem Mannheimer Hauptfriedhof. Aufnahme von 2022. Quelle: Privat.

Aufgrund des Wachstums der Loge und sicherlich auch aufgrund des eigenen Selbstverständnisses erschienen den Brüdern die bisherigen Räume in L 12 bald als zu klein und nicht mehr angemessen. So verfestigte sich schon früh der Wunsch nach einem eigenen Logenhaus in guter Lage. Die Erfüllung dieses Wunsches rückte bereits im März 1898 in greifbare Nähe, denn das Bauunternehmen Werle & Hartmann ersteigerte mehrere städtische Grundstücke im sogenannten östlichen Stadterweiterungsgebiet. Zwei dieser Grundstücke gingen danach an die Wilhelmshof Baugesellschaft mbH über, die schließlich am Standort Schulhofstraße 4 – heute Rosengartenplatz 7 – das Logenhaus und daneben an der Ecke Friedrichsring das Wohn- und Geschäftshaus mit dem Café-Restaurant „Wilhelmshof“ errichtete.


Logenhaus (links) und angrenzendes Eckhaus mit dem Café Restaurant Wilhelmshof. Ausschnitt aus einer Postkarte, Verlag Wilhelm Richter, Mannheim, gelaufen am 25. Oktober 1903. Quelle: MARCHIVUM Bildsammlung AB01436-8-370.

Das Eckhaus sollte ermöglichen, wesentliche Mieteinnahmen zur Unterhaltung des Logenhauses und zur Rückzahlung der Kredite zu erwirtschaften. Am 20. Mai 1900 konnte das Hausweihefest gefeiert werden. Mit dem eigenen Logenhaus waren auch die räumlichen Voraussetzungen für die Arbeit in den Hochgraden geschaffen. Die Errichtung der Mannheimer Andreasloge „Corona“ erfolgte im November 1901. Das Ordenskapitel „Coronata“ kam 1912 hinzu.

Das Logenhaus in der Schulhofstraße blieb die Wirkungsstätte von „Wilhelm zur Dankbarkeit“ bis zur erzwungenen Selbstauflösung am 16. Juli 1935 und wurde ebenso wie das Eckhaus im zweiten Weltkrieg zerstört. Nach der Wiedererrichtung der Loge am 26. Oktober 1947 – also vor 75 Jahren – fand das Logenleben zunächst an verschiedenen Orten in Mannheim statt. Seit September 1952 bis heute ist Wilhelm zur Dankbarkeit als Mieter im neuen Logenhaus von Carl zur Eintracht in L 9, 9 tätig.

alles zum Thema: Freimaurer, Stadtgeschichte