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Der Mannheimer Blitzableiterpionier Johann Jakob Hemmer

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Schloss mit Blitzableitern

Auf historischen Abbildungen des Mannheimer Schlosses, des Rathauses oder des Zeughauses sind auf den Dächern gut sichtbar sogenannte Hemmer‘sche Fünfspitze zu erkennen. Dieser Blitzableiter ist nach seinem Schöpfer, dem Mannheimer Physiker und Meteorologen Johann Jakob Hemmer (1733–1790) benannt.

Das über drei Meter hohe Gerät ist mittels eines Holzpfostens am Dach angebracht. Eine Ummantelung mit Kupferblech isoliert den Leiter gegen das Dach. Die fünf Zacken, die dem Blitzableiter seinen Namen geben, bestehen aus einer Mittelstange und zwei mittig sich kreuzenden, an der Stange mit einem Splint befestigten Querstreben, die dazu dienen sollen, Blitze aus allen Richtungen abzufangen. Am Fuß befinden sich mehrere Haken, an denen Ketten zur Ableitung der elektrischen Ladung angebracht werden.

Blitzableiter auf dem Schloss-Ostflügel, um 1920

Johann Jakob Hemmer, der Schöpfer dieses Fünfspitzes, wird 1733 im pfälzischen Horbach als Sohn einer vielköpfigen Kleinbauernfamilie geboren. Der Gemeindepfarrer erkennt die außergewöhnliche Begabung des Kindes und schickt ihn auf die Lateinschule nach Lautern. Da seinen Eltern eine weitere Finanzierung der Schule nicht möglich ist, für ihn aber ein Leben als einfacher Bauer nicht infrage kommt, schlägt sich Hemmer nach Köln durch, wo ihm die Aufnahme am Jesuitengymnasium gelingt.

Als Klassenbester studiert er anschließend Philosophie, Mathematik und Katholische Theologie. Seine Anstellung als Hauslehrer beim kurpfälzischen Kammerherrn von Sturmfelder bringt ihn in Kontakt zum Mannheimer Hof des Kurfürsten Karl Theodor, wo er 1760 eine Stelle als Hofkaplan annimmt. Hier wird der Kurfürst bald sein Mäzen, und bereits 1768 nimmt ihn die fünf Jahre zuvor gegründete Kurpfälzische Akademie der Wissenschaften, die "Academia Theodoro Palatina" als ordentliches Mitglied in die naturwissenschaftliche Klasse auf.

Porträt von Johann Jakob Hemmer, Ölgemälde des Mannheimer Hofmalers Wilhelm Hoffnas, 1779

Anlass für die Beschäftigung mit dem Blitzableiter ist vermutlich ein heftiges Gewitter mit Blitzschlag, infolgedessen der kurfürstliche Marstall in Schwetzingen niederbrennt. Verstärkt widmet sich Hemmer in den kommenden Jahren der Erforschung und Propagierung des Blitzableiters und veröffentlicht eine Informationsschrift über die physikalischen Vorgänge und die Funktion des Blitzableiters: Aufklärung tut not, denn Viele glauben noch, die Blitze seien eine göttliche Strafe und der Mensch dürfe sich in diese Abläufe nicht einmischen.

Den ersten Blitzableiter in der Pfalz montiert Hemmer am 17. April 1776 auf dem Dach des Schlosses in Trippstadt.

Durch einen Erlass Karl Theodors werden in der Folgezeit alle Schlösser und Pulvertürme der Kurpfalz mit "Wetterleitern" ausgerüstet. Insgesamt sind im süddeutschen Raum über 150 Gebäude bekannt, für die Hemmer Blitzableiter konstruiert und bis auf wenige Ausnahmen selbst installiert. Zu sehen sind sie heute noch etwa auf dem Schwetzinger Schloss.

Zwar kann Hemmer nicht als Erfinder der Idee des Blitzableiters gelten. Das war bekanntlich kein geringerer als Benjamin Franklin 1752, dessen Theorien über den Zusammenhang von Elektrizität und Gewitter und über die Ableitung von Blitzen im Europa der Aufklärung schnell Verbreitung finden. Johann Jakob Hemmer ist allerdings der Fünfspitz zu verdanken und dessen Siegeszug durch den Kontinent. Dabei bleibt Hemmer stets dankbar für die Protektion durch den Kurfürsten. Fraglos hätte der Hemmer‘sche Fünfspitz ohne die aufklärerische Grundhaltung Karl-Theodors, der immerhin als erster unter den deutschen Fürsten die landesweite Anbringung verordnet, nicht diese Verbreitung gefunden.

Darüber hinaus ist Hemmer auch als Meteorologe und bedeutender Sprachforscher bekannt.