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Währungsreform in Mannheim im Juni 1948

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Schwarzmarkt, 1946

Am frühen Sonntagmorgen des 20. Juni 1948 quittierte der Leiter des Ernährungs- und Wirtschaftsamts, Karl Schmidt, den Empfang von genau 9.958.500 DM. Ort des denkwürdigen Geschehens war die Landeszentralbank in M 7. Der Zweck der Operation, die länderweit unter dem Decknamen "bird dog" ablief, war die Einführung einer neuen, stabilen Währung: die Geburt der DM.

Auf die neue DM warteten die Westdeutschen 1948 seit Monaten. Schon die graphische Gestaltung der Scheine zeigt, dass es sich um ein amerikanisches Produkt handelt: Die Ziffern und Bordüren sind den Dollarnoten nicht unähnlich. Zahnräder, Marmorsockel, Titanen und Frauengestalten hingegen waren den amerikanischen Eisenbahnaktien entliehen. Die Federführung und die letztendliche Verantwortung der gesamten Währungsreform lagen in den Händen der amerikanischen Militärregierung.

Den Frauen und Männern um Karl Schmidt, die in den ersten Nachkriegsjahren für die "Verwaltung des Mangels" - das Bezugscheinsystem - zuständig waren, fiel in diesen Junitagen die Aufgabe zu, die Wende zum Besseren einzuleiten und jedem Mannheimer "sein" Startgeld von 40 DM auszuzahlen.

Präzise logistische Vorbereitungen waren für den "Tag X" seit Wochen getroffen worden. Polizeieskorten waren am 20. Juni allenthalben präsent, um das neue Geld zu den 17 städtischen Umtauschstellen mit ihren insgesamt 155 Ausgabeschaltern zu bringen. Die Aktion verlief denn auch fast ohne nennenswerte Komplikationen: Allenfalls die Panne in Feudenheim, wo der Geldwagen ein Stoppschild überfuhr und daraufhin von der Militärpolizei fast eine geschlagene Stunde festgehalten wurde, ging in die Annalen ein.

Der 20. und 21. Juni 1948, zwei eher trübe Tage mit Regenschauern, brachten weit mehr als nur die besagten 40 DM. In historischer Perspektive war es der Beginn einer neuen Wirtschaftsordnung in den drei westlichen Besatzungszonen. Wo zuvor Lebensmittelkarten und "Schwarzer Markt" den Einkauf diktierten, galten alsbald die Gesetze von Angebot und Nachfrage. Denn der Wirtschaftsrat hatte gleichzeitig auf Vorschlag Ludwig Erhards der Aufhebung vieler Bewirtschaftungsvorschriften zugestimmt und damit den Weg zu einem freien Markt geebnet.

Delikatessengeschäft der unterirdischen Ladenstraße im Bunker unter dem Meßplatz, 1949

Ein freier Markt bedeutete notwendigerweise auch die Freigabe der meisten Preisbindungen. Zum Verdruss vieler Mannheimerinnen und Mannheimer galoppierten die Preise für die Waren in zunächst schwindelerregender Weise, gleichzeitig blieb die Geldumlaufmenge aber begrenzt. Die Volksökonomen riskierten eine Politik des knappen Geldes, um die DM wertvoll zu halten.

Aber hatten sich anfangs viele noch über das vollgestopfte Ladensortiment gefreut, das seit Jahren entbehrte Waren aufwies, mussten für wichtige Lebensmittel oder Schuhwerk alsbald 50%, mitunter mehr als 100% Preisaufschlag in Kauf genommen werden. Überall verursachte der Geldschnitt vom Juni 1948 Unmut. Am 20. Oktober 1948 erlebte der Mannheimer Marktplatz die wohl größte Protestkundgebung seiner Geschichte. Schätzungsweise 70 bis 80.000 Menschen strömten herbei, legten für einige Stunden die Arbeit nieder.

Protestkundgebung auf dem Marktplatz, 20. Oktober 1948

Am 12. November 1948 folgte in der amerikanischen und englischen Besatzungszone ein eintägiger Generalstreik. Andererseits stand in der Quadratestadt mit Oberbürgermeister Dr. Fritz Cahn-Garnier ein Mann an der Spitze der Stadtverwaltung, der als einer der führenden Finanzexperten Deutschlands galt. Cahn-Garnier leitete mit harter, aber fairer Hand die Konsolidierung der städtischen Finanzen ein.

Einladung zur Bürgerversammlung, 4. August 1948

 

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