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Die erste Radtour der Welt - Die Laufmaschine des Freiherrn von Drais

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Karl von Drais, Lithografie von 1842 (Detail)

Am 12. Juni 1817 bricht Karl von Drais mit seiner zweirädrigen Laufmaschine von Mannheim zum Relaishaus an der Allee nach Schwetzingen auf, um die Tauglichkeit seiner neusten Erfindung unter Beweis zu stellen. Von der Innenstadt bis zu dieser heute nicht mehr erhaltenen Pferdewechselstation und zurück legt er etwa vierzehn Kilometer in einer Stunde zurück.

Nach weiteren Probefahrten beantragt er am 21. August desselben Jahres beim Badischen Großherzog das "ausschließliche Privilegium" zur Herstellung seiner Laufmaschine, das er nach längerem Insistieren schließlich im Januar 1818 erhält. Ein gültiges Patentgesetz mit dem Recht auf geistiges Eigentum wie heute gibt es damals noch nicht. Zu Marketingzwecken fertigt er eine Druckschrift an, in der er seine Erfindung genau beschreibt und diese mit einem Kupferstich von Wilhelm Siegrist versieht. Neben dem Laufrad in Benutzung wird darin auch eine Konstruktionszeichnung abgebildet.

Die Laufmaschine besteht aus einem Holzrahmen sowie zwei gleich großen Holzrädern, zwischen denen der Fahrer auf einem länglichen Sattel sitzt. Das Vorderrad wird vom Fahrer derart gelenkt, dass er sich mit etwas vorgerichtetem Körper mit den Ellbogen auf ein Balancierbrett aufstützt und mit den Händen die Lenkstange bedient. Angetrieben wird das Rad durch abwechselndes Abstoßen mit den Beinen.  "Erst nach hinlänglicher Fertigkeit im Balanciren und Dirigiren schiebe man sich schneller, und halte meisten beide Füße zugleich in die Höhe, um auszuruhen, während man in voller Schnelligkeit fortrollt." Schreckten die Menschen damals vor den Schwierigkeiten des Balancierens und Abstoßens zurück, da es tatsächlich eine gewisse Übung erfordert, so werden diese Laufräder heute von Kleinkindern mühelos benutzt.

Konstruktion der Laufmaschine (Laufrad und Uniform in badischen Farben), kolorierter Kupferstich von Wilhelm Siegrist

Mit dieser Erfindung feiert Drais internationale Erfolge. Zurecht gilt die Konstruktion seiner Laufmaschine bis heute als Startschuss für den Individualverkehr ohne Pferd. Drais wird in wissenschaftliche Gesellschaften aufgenommen und erhält den Titel eines Professors der Mechanik. Immer wieder hebt er die Vorteile seines Laufrades gegenüber dem Pferd hervor, das Futter und Pflege benötige und vor die Kutsche gespannt Staub erzeuge. Doch all diese Vorteile verhelfen dem Holzgefährt nicht zur massenhaften Serienproduktion, dazu ist die Zeit noch nicht reif. Die Herstellungskosten bleiben sehr hoch, so dass die Nutzung einer solchen Laufmaschine eine Freizeitbeschäftigung für Wohlhabende und Studenten bleibt. Auch der Mannheimer Schlosspark bietet sich für Ausfahrten an, sogar eine Laufmaschinenvermietung wird eingerichtet. Allerdings führt der rege Verkehr schließlich zu Fahrverboten seitens der Stadt, was an die Auflagen für die heutigen E-Roller denken lässt.

Aufträge kommen in der Regel aus Adelskreisen und sogar vom Preußischen König. In anderen Städten und Ländern wird die Draisine, wie das Laufrad auch heißt, vielfach kopiert, ohne dass Drais finanziell davon profitiert. Für das nahe Frankreich besitzt er eine Lizenz und verdient an Direktaufträgen, die er in Mannheim von Wagenbauer Johann Dietrich Frey in S 3, 4 ausführen lässt. Seit es in Frankreich bei Vorführungen zu mehreren Unfällen kommt, muss die Draisinenfahrt als Motiv für zeitgenössische Karikaturen herhalten.

Auch wenn Drais mit seinem Laufrad nicht zum Millionär wird, so hat er damit zumindest mehr Erfolg als mit seinen anderen technischen Erfindungen. Bereits 1813 bittet er den Großherzog um das Privileg für seine Fahrmaschine ohne Pferde. Dabei handelt es sich um einen vierrädrigen Wagen, mit zu tretender Kurbelwelle zwischen den Hinterrädern. Damit taucht er bereits 1806 beim Wiener Kongress auf, kann aber dort mit seinem Vehikel die anwesenden Fürsten nicht überzeugen und wird in der Presse sogar lächerlich gemacht. 1821 erfindet er die erste Schreibmaschine. Weniger bekannt sind seine Erfolge bei der Entwicklung mathematischer Formeln und eher schmunzeln lässt seine Kutsche, bei der das Pferd zur Staubvermeidung hinten angespannt wird. Heute hat sich die Bezeichnung "Draisine" nur für seine Eisbahn-Draisine eingebürgert, die er 1842 allerdings noch mit Fußantrieb konstruiert.

Plakat im MARCHIVUM zum 100. Geburtstag von Drais 1985

Leider bleibt Freiherrn von Drais der Erfolg versagt und sein Genie verhilft ihm weder zu Reichtum noch zu Anerkennung. Erst im Nachhinein wird seine wichtige Rolle bei der Entwicklung des Fahrrads anerkannt. Am Ende seines Lebens wird Drais zunehmend verspottet und verstirbt verwahrlost und verarmt am 10.12.1851 in Karlsruhe.

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