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Goethe in Mannheim

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bunte Gouache von Jacobo Pozzi: Das Nationaltheater (links), 1834

Goethe besuchte Mannheim, soweit bekannt, achtmal. Bei seinem ersten Besuch im Oktober 1769 war er gerade einmal 20 Jahre alt, bei seiner letzten, achten Ankunft 1815 zählte er bereits 66 Jahre.

Kurz vor seinem ersten Mannheim-Aufenthalt war Goethe schwer bettlägrig, hatte 1768 deshalb sogar sein Studium der Rechte in Leipzig unterbrechen und nach Frankfurt zurückkehren müssen. Die Diagnose war unklar, man sprach von einer hartnäckigen Halsgeschwulst, welche die Ärzte mit allerlei ätzenden Mitteln, u.a. mit dem Betupfen von Höllenstein (Sibernitrat), zu bekämpfen suchten, indes ohne Erfolg. Der junge Mann musste die Stube hüten und kam darüber nicht nur mit der Freundin des Hauses, Susanna Catharina von Klettenberg (1723-1774), sondern auch mit dem Arzt der Klettenbergs, Dr. Johann Friedrich Metz (1721-1782), in Kontakt. Beide waren mit mystischem, kabbalistischem und alchemistischem Gedankengut bestens vertraute Pietisten. Und sie versorgten den Wissenshungrigen mit entsprechendem Lesestoff, so dass er intensiv mit hermetischem Gedanken- und Schriftgut in Berührung kam. Der junge Dichter las u.a. Paracelsus (vermutlich 1493- 1541), Georg von Welling (1652-1727) oder Agrippa von Nettesheim (1486-1535).

Er kränkelte fortgesetzt, nichts wollte helfen. Da verabreichte der mystisch veranlagte Hausarzt Johann Friedrich Metz dem Patienten schlussendlich ein geheimnisvolles, von ihm selbst destilliertes alchemistisches Universal-Heilmittel – ein Salz, das auch tatsächlich anschlug. Ob er damit überirdische Heilkräfte im jungen Goethe angeregt bzw. auf der psychosomatischen Ebene gewirkt hatte, wir wissen es nicht. Jedenfalls war Goethe, als er in Mannheim 1769 eintraf, genesen, indes auch von alchemistischem Gedankengut "infiziert".

Doch schon der junge Goethe hatte den Kern der Alchemie erkannt, nämlich den Stein der Weisen als die innere – nicht äußere – Goldmacherkunst, die Verwandlung des inneren Menschen in Anbindung an die Transzendenz eines höheren Seins. Sehr wohl wusste Goethe zu unterscheiden zwischen den inneren, geistigen Gütern der Alchemie (Gott, Tugend und Unsterblichkeit) und deren irdischen Substituten (Gold, Gesundheit und ein langes Leben).

Dass die profane Alchemie – achtbare Vorläuferin der Chemie – rund anderthalb Jahrzehnte zuvor in Mannheim noch wunderliche Blüten getrieben hatte, dürfte dem Dichter nicht zu Ohren gekommen sein. Im Jahr 1753, 16 Jahre vor Goethes erstem Aufenthalt in der Stadt, war hierzulande ein wahres Goldfieber ausgebrochen, wie uns Hartmut Schmidt in seiner Schrift "Goldfieber in Mannheim" berichtet: Gleichsam in jedem zweiten Keller, insbesondere in der vom begüterten Adel dominierten Oberstadt, stand eine alchemistische "Hexenküche", in der sich "dilettantische" Adepten der Goldgewinnung widmeten, die freilich auch in Mannheim nicht gelingen sollte. Der aufgeklärte Kurfürst Karl Theodor betrachtete das Treiben nüchtern und schloss sich der Meinung des Stadtrats an, dass solches Tun so aussichtslos wie mit hoher Brandgefahr gepaart sei und ließ die Experimentierstätten schließen. Doch sollte dieses "Goldfieber" nicht völlig umsonst gewesen sein: Durch das Zusammenmischen diverser Ingredienzien entstand zwar kein echtes, so doch immerhin ein Scheingold für Legierungen, sogenanntes Mannheimer Gold, hergestellt aus Kupfer, Zinn und Zink. Das Produkt sollte schließlich zum merkantilistischen Exportschlager werden – in gewisser Weise auch eine Goldgrube.

Zum dritten Mal stand der Dichter im Februar 1775 vor den Toren der Stadt. Er traf hier mit Friedrich Müller, dem sogenannten Maler Müller, zusammen. Ferner kontaktierte er den Hofbuchhändler Christian Friedrich Schwan, vermutlich in dessen Geschäftsräumen in D 2,14. Schwan kann neben Anton von Klein als der bedeutendste Mannheimer Verleger betrachtet werden, der sich für das deutsche Theater stark machte und gegen den dominanten französischen Einfluss auf der Bühne wandte.

Jacobo Pozzi, Das Nationaltheater (links), Gouache, 1834 © Reiss-Engelhorn-Museen

Kurz drauf, im Mai 1775, tangierte Goethe die Stadt zum vierten Mal, und zwar auf seiner ersten Schweizer Reise, die ihn u.a. nach Zürich und an den Vierwaldstätter See führte: Zum einen zur Horizonterweiterung, zum anderen auf der Flucht vor seiner Frankfurter Verlobten Lili Schönemann und dem drohenden Ehe-Horizont.

Goethe geht zusammen mit Herzog Karl August im September 1779 erneut auf Reisen, die zweite Schweizer Reise. Auf der Heimfahrt kommen die beiden im Dezember über Mannheim, für Goethe ist es der fünfte Besuch in der Quadratestadt. Das Mannheimer Nationaltheater gibt ihnen zu Ehren "Clavigo" mit August Wilhelm Iffland in der Rolle des Carlos.

Sein nächster, sechster Besuch in der Stadt erfolgte erst 14 Jahre später, im August 1793. Unterdessen wurden die Stücke des Dichters auf den Brettern der Mannheimer Nationalbühne erfolgreich gespielt, obwohl nicht so oft wie die eines Kotzebue.

Im Verlauf seiner ersten Reise an Rhein, Main und Neckar trifft Goethe im Oktober 1814 ein vorletztes, siebentes Mal in Mannheim ein; in erster Linie besuchte er die bedeutende Kunstsammlung der Gebrüder Sulpiz und Melchior Boisserée in Heidelberg. Doch ein Tagesabstecher brachte ihn auch nach dem nahen "regelmäßigen Mannheim", wie er die Stadt in einem Brief an seine Ehefrau Christiane Vulpius charakterisierte. Jene Stadt, "dergleichen sie noch nicht gesehen", so Goethe an seinen Sohn.

Im September des Jahres 1815 besuchte er ein letztes, achtes Mal die Stadt, in einer Lebensphase – 66 Jahre war er alt –, da er einer orientalischen Passion, doch auch einer blutjungen Mannheimer Baronesse verfallen war, was sich auch in einer seiner bedeutendsten Dichtungen spiegelt, im "West-östlichen-Divan".

Plakat zur Goethe-Gedenkfeier vom 25.9.1899 © Reiss-Engelhorn-Museen

Weiterführende Literatur:
Hanspeter Rings, Johann Wolfgang von Goethe in Mannheim, Heidelberg 2018.

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