Breadcrumb-Navigation

Karl Bernhard Reiss

geboren am
Verfolgung

Als Jude verfolgt

Emigration 1938
1944 im KZ Bergen-Belsen gestorben

Kachelbild
Text

Karl Bernhard Reiss wurde 1883 als einziges Kind des Fabrikanten Hermann Reiss (1849-1905) und dessen Ehefrau Johanna geb. Oppenheimer (1860-1925) in Mannheim geboren. Die wohlhabende Familie besaß ein Mehrfamilienhaus am Luisenring 13, wo Karl Reiss bis 1919 lebte. Im April dieses Jahres heiratete er in Mannheim die 29-jährige Witwe Anna „Anny“ Henriette Reis geb. Bayerthal aus Krefeld (Tochter des Großkaufmanns Moritz Bayerthal und dessen Ehefrau Hedwig geb. Hertz), die zwei Töchter aus erster Ehe im Alter von 7 und 5 Jahren in die Ehe einbrachte. Die junge Familie bewohnte bis 1928 eine große Erdgeschosswohnung am Friedrichsplatz, ehe sie in die Spinozastraße umzog. 1936, nachdem die Töchter bereits geheiratet und das Elternhaus verlassen hatten, zogen Karl und Anna Reiss in die Augustaanlage 63.

Zusammen mit seinen Cousins Ludwig und Berthold Reiss war Karl Bernhard Reiss nach dem Tod des Vaters und des Onkels Inhaber der Druckerei Gebr. Bauer. Das 1859 gegründete Mannheimer Unternehmen zählte zu den größten und modernsten Druckereien im Deutschen Reich. Noch im Mai 1938 hatte die Firma trotz der antijüdischen Repressionen des NS-Regimes zwischen 250 und 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und verfügte über einen beträchtlichen Kundenstamm. Wenige Monate darauf wurde das Unternehmen jedoch „arisiert“ – der spätere Medienmogul Franz Burda und sein Jagdfreund Karl Fritz kauften die Druckerei Gebr. Bauer zu einem Preis, der letztlich weit unter dem Marktwert lag.

Der erzwungene Verkauf der Firma bedeutete das berufliche Aus von Karl, Ludwig und Berthold Reiss in Deutschland. Spätestens nach dem Novemberpogrom (9./10.11.1938) sahen Karl und Anna keine Möglichkeit mehr, als Juden in Deutschland zu bleiben, und entschieden sich zur Flucht. Am 15. November meldete sich das Ehepaar nach Paris ab, zwei Wochen später erfolgte die Anmeldung in Rotterdam.

Im April 1943 verschleppten die deutschen Besatzer Karl und Anna Reiß in das Durchgangslager Westerbork und deportierten sie am 1. Februar 1944 in das KZ Bergen-Belsen. Anna Reiß kam dort am 24. November ums Leben, ihr Mann Karl am 3. März 1945.

Die Stolpersteine zum Gedenken an Karl & Anna Reiss wurden 2015 verlegt.


Text: Dr. Marco Brenneisen (MARCHIVUM), Mai 2023
 

Literatur:
Christiane Fritsche: Ausgeplündert, zurückerstattet und entschädigt. Arisierung und Wiedergutmachung in Mannheim, Ubstadt-Weiher u.a. 2013. Darin: Exkurs 9: Von den jüdischen Verkäufern "geschädigt": Die Arisierung der Druckerei Gebr. Bauer, S. 251-257.

 

Adresse

Augustaanlage 63 (Oststadt)
68165 Mannheim
Deutschland

Geolocation
49.478633282862, 8.4900720085983