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Doris Herzberg verh. Perlstein

geboren am
Verfolgung

Als "Halbjüdin" verfolgt

Überlebt

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Doris Herzberg (16.4.1928 – 22.7.2001) war die Tochter von Karl und Lina Herzberg. Karl Herzberg war als junger Mann Abteilungsleiter und Einkäufer im Mannheimer Warenhaus Kander, wo er auch seine spätere Ehefrau kennenlernte. Lina Herzberg, die ursprünglich katholisch war, trat zum Judentum über. Im Ersten Weltkrieg kämpfte Karl Herzberg drei Jahre an der Front. 1921 eröffnete er zusammen mit seiner Frau ein Kurz-Weiß-Wollwarengeschäft. Das Wäschegeschäft Herzberg in der Mittelstr.16 / Waldhofstr.1 war ein beliebtes Kaufhaus in der Neckarstadt. Zeitweise gab es eine Filiale in der Schimperstr. 2.

Mit dem Machtantritt der Nazis begannen massive Schikanen. Kunden wurden durch vor dem Geschäft postierte Aufpasser am Betreten gehindert. Der Soldat und Frontkämpfer des Weltkriegs Karl Herzberg wiegte sich in trügerischer Sicherheit. Er sah die Bedrohung als vorübergehende Erscheinungen an. 1935 schlug er ein Angebot aus, in der Schweiz eine neue Existenz zu gründen. 1937 beschäftigte Herzberg noch 18 Angestellte.

Die Lage spitzte sich zu als Käufer, besonders an Samstagen, von Nazi-Posten zur Rede gestellt, fotografiert oder bis in ihre Wohnungen verfolgt wurden. Stammkunden betraten das Haus heimlich durch einen Nebeneingang in der Waldhofstraße.

Einer der "arischen" Verkäuferinnen musste wegen der schlechten Geschäftslage gekündigt werden. Sie gab bei der NSDAP zu Protokoll, dass ihre Mitgliedschaft im "BDM" sowie ihre Weigerung, eine jüdische Verkäuferin namens Levi vor der Kundschaft "Fräulein Lehmann" zu rufen, die wahren Gründe für ihre Kündigung gewesen seien. Diese Denunziation zwang endgültig zur Geschäftsaufgabe.  Der Saarbrücker Textilkaufmann Ludwig Aretz übernahm Ende 1937 den Betrieb zu einem Kaufpreis unter Wert und wandelte ihn in eine seiner Filialen um. Die Familie Herzberg überlebte den Krieg unter dramatischen Umständen in Mannheim.

Die „Kristallnacht“ am 10. November 1938 überstand die Familie, zu der noch zwei Geschwister gehörten, unter Verlust der Wohnungseinrichtung in der Hebelstraße. Lina Herzberg war wieder zum katholischen Glauben übergewechselt, um Schaden von ihrer Familie abzuwehren. Die Familie galt daher als „privilegierte Mischehe“ und blieb vor der Deportation nach Gurs, die am 22.10.1940 die Juden Mannheims betraf, verschont. Aber sie gehörte zu den etwa 150 jüdischen Personen, die in der Stadt zurückgeblieben und besonderen Schikanen ausgesetzt waren. Ab 1.9.1941 galt für sie die Pflicht, den Judenstern zu tragen. Der Eintritt in Einrichtungen wie Kino, Theater usw. wurde ihnen verwehrt. Sie konnten jederzeit bespuckt werden. Bei Bombenalarm blieben die Luftschutzbunker für sie versperrt.

Die Familie überlebte trotz Bombenhagel und sollte im Februar 1945 letztendlich nach Theresienstadt deportiert werden. Die Familie fand ein Versteck im Siedlerhaus der Familie Hammer in Mannheim-Schönau, wo sie unter dramatischen Bedingungen mehrere Wochen verbrachte. Die letzten Kriegstage erlebte Familie Herzberg auf dem Dachboden eines Hauses in Heidelberg-Ziegelhausen. Am 30. März 1945 wurden Doris, ihre Schwester Ilse und ihre Eltern von den Amerikanern befreit.

Gertrude Hammer erhielt 1976 für ihr mutiges Einschreiten beim Verstecken der Familie in ihrem Haus das Bundesverdienstkreuz. Sie und ihr damals schon verstorbener Vater wurden 1978 von der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt.

Text: Volker Keller

Der Stolperstein wurde 2019 auf Initiative der Geschwister-Scholl-Schulen verlegt.

Adresse

Mittelstraße 16
68169 Mannheim
Deutschland

Geolocation
49.497626718592, 8.4720041