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Karl Ludwig Gräsle

geboren am
Verfolgung

Kommunistischer Widerstandskämpfer

Überlebte 10 Jahre Gefängnis-, Zuchthaus- und KZ-Haft

Kachelbild
Text

Karl Ludwig Gräsle wurde 1906 als erstes von drei Kindern des Packers Karl Ludwig Gräsle sen. und dessen Ehefrau Anna Maria geb. Kögler in Mannheim geboren. Die Familie lebte zunächst im Jungbusch, später in der Neckarstadt-West und ab 1920 in der Gartenstadt.

Nach dem Abschluss der Volksschule, in der Karl Gräsle als besonders begabter Schüler eine damals noch seltene Sprachenklasse besucht hatte, wurde er Arbeiter bei verschiedenen Mannheimer Betrieben; zeitweise arbeitete er zudem als Anwaltsgehilfe.

Gräsle war schon in jungen Jahren politisch und gewerkschaftlich aktiv. 1921 trat er im Alter von 15 Jahren dem Deutschen Metallarbeiter-Verband (DMV) bei, außerdem war er bei den Naturfreunden aktiv. Von 1925 bis 1930 war er politischer Leiter der Mannheimer Ortsgruppe des Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD). 1931 wurde er KPD-Mitglied und in der Ortsgruppe Mannheim-Waldhof/Gartenstadt aktiv, einer der bedeutendsten Ortsgruppen der Region, die von Paul Schreck und mehreren Mitgliedern der späteren Widerstandsgruppe um Georg Lechleiter (einschließlich Lechleiter selbst) getragen wurde. Im Jahr darauf trat Gräsle darüber hinaus der Internationalen Arbeiterhilfe (IAH) bei, in deren Ortsgruppe Mannheim-Innenstadt er die Leitung übernahm. 1932/33 war er als KPD-Funktionär Mitglied des Bürgerausschusses der Stadt Mannheim.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten war Karl Gräsle schon früh von der Verfolgung und Ausschaltung der antifaschistischen Opposition betroffen – er sollte nahezu die gesamte NS-Zeit als politischer Gefangener in Haft verbringen.

Bereits 1933 wurde er erstmals verhaftet und fünf Monate lang in „Schutzhaft“ genommen: Zunächst im Mannheimer Schlossgefängnis, wo er sich die Zelle mit dem SPD-Funktionär und späteren Ersten Bürgermeister Jakob Trumpfheller teilte; danach im KZ Heuberg. Nach der Haftentlassung wurde Gräsle sofort wieder im Widerstand aktiv und führte von Frühjahr bis Mitte 1935 die durch mehrere Verhaftungswellen bereits nahezu zerschlagene illegale KPD-Bezirksleitung Mannheim an. Gräsle und seinen Genoss*innen gelang es, noch einige Ausgaben der „Arbeiter-Zeitung“ herzustellen und in Umlauf zu bringen, ehe der organisierte antifaschistische Widerstand im Herbst 1935 durch weitere Verhaftungswellen vollständig zum Erliegen kam. Karl Gräsle wurde im September verhaftet und vom Oberlandesgericht Karlsruhe wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu 3 Jahren Zuchthaus verurteilt, die er in Ludwigsburg verbüßte. Nach dem Ende der Strafhaft wurde er jedoch nicht entlassen, sondern direkt in das KZ Sachsenhausen (bei Berlin) eingewiesen. Im April 1945 wurde das Konzentrationslager teilweise geräumt und die Häftlinge auf einen „Todesmarsch“ geschickt, der bei Schwerin endete, als die SS-Wachmannschaften vor den herannahenden Alliierten die Flucht ergriffen. Karl Gräsle erlebte hier nach mehr als 10 Jahren Gefängnis-, Zuchthaus- und KZ-Haft die Befreiung. Seine Erlebnisse während des Todesmarsches hat Gräsle nach dem Krieg in einem „Tagebuch“ verschriftlicht, das auf eindrückliche Weise die Schrecken des Konzentrationslagers und des „Evakuierungsmarsches“ beschreibt.

1946 kehrte Karl Gräsle nach Mannheim-Gartenstadt zurück, heiratete 1948 und wurde 1949 Vater. Bis zu seiner Pensionierung arbeitete er als Gießer bei Daimler-Benz. Er gehörte bis zum Parteiverbot 1956 der KPD, später der DKP an und war Mitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN, ab 1971 VVN-Bund der Antifaschisten). Im August 2001 ehrte ihn die IG Metall (als Nachfolgerin des ehemaligen Deutschen Metallarbeiter-Verbands) für 80-jährige Mitgliedschaft.

Karl Gräsle starb zwei Monate später, am 22. Oktober 2001 im Alter von 95 Jahren.


Der Stolperstein wurde 2017 auf Initiative der Naturfreunde Mannheim vor dem Elternhaus im Blütenweg verlegt, wo Karl Gräsle bis zu seiner Inhaftierung lebte.

 

Text: Dr. Marco Brenneisen (MARCHIVUM), Oktober 2020

 

Adresse

Blütenweg 11 (Gartenstadt)
68305 Mannheim
Deutschland

Geolocation
49.530552918614, 8.4912119000001