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Kurt Steiner

geboren am
Verfolgung

Jüdischer Sozialist

1933 Emigration nach Spanien

1942 in Auschwitz ermordet

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Kurt Hans Steiner wurde 1898 als zweites Kind des Kaufmanns Moritz Steiner und dessen Ehefrau Emilie geb. Rothschild in Mannheim geboren. Sein vier Jahre älterer Bruder war der in den 1920er Jahren sehr erfolgreiche Schriftsteller, Kabarettist und Conférencier Paul Nikolaus (1894-1933). Der Vater war Direktor der Rheinmühlenwerke. In Mannheim war die wohlhabende Familie bekannt und angesehen.

Kurt Steiner wurde nach dem 1. Weltkrieg Bankbeamter im französisch besetzten Ludwigshafen, später wurde er Inhaber einer Gurkenfabrik, die er jedoch während der Weltwirtschaftskrise aufgeben musste. Nach der Inflation betätigte er sich – mit mäßigem Erfolg – als Immobilienmakler und Kaufmann in verschiedenen Bereichen.

Im Februar 1920 hatte Kurt Steiner die Mannheimer Protestantin Emma Wilhelmine Danecker geheiratet. 1921 kam die gemeinsame Tochter Hannelore (später verh. Helen Marvill-Steiner) zur Welt. Die Familie lebte viele Jahre in A 2, 5, bevor sie 1933 für kurze Zeit in das Haus der Großeltern in der Hebelstraße 9 zogen.

Politisch war Kurt Steiner überzeugter Sozialist und darum bemüht, seine Tochter ohne Standesdünkel zu erziehen; ihr Werte wie Gleichheit, Solidarität und Respekt zu vermitteln und sie zu sensibilisieren, soziale Ungerechtigkeiten zu erkennen wie auch dagegen einzutreten. Aus der jüdischen Gemeinde trat Kurt Steiner 1932 aus.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wanderte Kurt Steiner im Sommer 1933 nach Spanien aus, Frau und Tochter folgten ihm kurze Zeit später nach Madrid. Im Spanischen Bürgerkrieg schloss sich Kurt Steiner auf Seiten der Internationalen Brigaden dem Kampf gegen die Faschisten an. 1939 floh er vor den siegreichen Francisten nach Frankreich, wo er im gleichen Jahr zusammen mit Tausenden anderen Spanienkämpfern im Lager Gurs interniert wurde. Als im Oktober 1940 über 6.500 badische, pfälzische und saarländische Jüdinnen und Juden nach Gurs deportiert wurden, befand sich auch Kurts Mutter Emilie unter den Deportierten. Mutter und Sohn gelang es Anfang 1941, aus dem Lager zu entkommen und nach Limoges zu fliehen, wohin Emma und Hannelore Steiner bereits 1939 aus Spanien geflüchtet waren. Im Mai 1941 zog die Familie zusammen nach Oradour-sur-Glane (bei Limoges), wo Kurt Steiner mit der Verwaltung einer Kolonie deutscher Emigrant*innen betraut wurde. Seine Mutter Emilie starb dort im April 1942 im Alter von 72 Jahren.

Im August erlangte Kurt Steiner Kenntnis davon, dass die Deutschen in Kürze alle jüdischen Exilant*innen verhaften und in das Lager Nexon bringen würden. Er tauchte unter und versuchte nach Spanien zu fliehen, geriet aber beim Grenzübertritt in die Hände der Gestapo und wurde in das Durchgangslager Drancy verschleppt. Am 4. November wurde Kurt Steiner nach Auschwitz deportiert. Am 1. Dezember 1942 wurde dort sein Tod registriert.

Emma und Hannelore Steiner kehrten 1943 nach Mannheim zurück, wo sie das Kriegsende erlebten.

 

Die bewegende Familiengeschichte der Familie Steiner hat Helen Marvill-Steiner in ihrem Buch „In Transit“ (Mannheim 2012: Wellhöfer-Verlag) niedergeschrieben.

Der Stolperstein zum Gedenken an Kurt Steiner wurde 2015 verlegt.

 

Text: Dr. Marco Brenneisen (MARCHIVUM), Oktober 2020
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A 2, 5 (Innenstadt)
68159 Mannheim
Deutschland

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49.485670118584, 8.46212