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Martha Rath

geborene
Bauer
geboren am
Verfolgung

Als Jüdin verfolgt

1942 in Auschwitz ermordet

Kachelbild
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Text

Redebeitrag von Tilo Dornbusch (Fanprojekt Mannheim) bei der Stolpersteinverlegung für Max und Martha Rath, 11.10.2022


Sehr geehrte Damen und Herren, ich begrüße Sie zur Verlegung der Stolpersteine für Martha und Max Rath. Vielen Dank für Ihr Kommen.
Die Eheleute Rath mögen vielen von Ihnen unbekannt sein, einige hier werden aber die Söhne der Raths kennen: Kurt und Paul. Beide waren lange Jahre in der Jüdischen Gemeinde Mannheims aktiv, Paul Rath engagierte sich auch im Vorstand der Gemeinde.

Aber zurück zu den Eltern. Wir als Fanprojekt Mannheim kamen über das Projekt „Zahor – Erinnere dich“, welches vom Verein „Centropa“, der sich die Erforschung und Dokumentation jüdischen Lebens in Ost- und Mitteleuropa zum Ziel gesetzt hat, zur Recherchearbeit und haben dabei gezielt nach Personen gesucht, die den Mannheimer Fußball geprägt haben. Lassen Sie mich gleich die Kritik vorwegnehmen, die uns in Teilen erreicht hat: „Wieso kümmert sich das Fanprojekt, das ja vor allem für Waldhoffans zuständig ist, um einen ehemaligen Spieler und Funktionär des VfR Mannheim?“ Darauf antworten wir: „Egal welche Vereinszugehörigkeit jemand besitzt, die Verbrechen der Shoa machte vor den Raths nicht halt und so möchten wir auch am Mannheimer Fußball zeigen, wie allumfassend die Nationalsozialisten vorgingen und damit ihre menschenverachtende Politik umsetzten.“ Für uns ist es schlicht irrelevant ob jemand nun „Hewwel“, „Barackler“, „Pulver“ oder „Fährmann“ ist, hier wurden Verbrechen begangen, an Mannheimer Bürgern, Fußballfans, an Menschen.

Max Rath wurde am 20.03.1884 in Geldern, heute Kreis Kleve, geboren. Er war das fünfte von sechs Geschwistern und als zweiter Sohn lässt sich nur spekulieren, ob er vielleicht in die Welt zog, da der elterliche Viehhandel nicht groß genug für zwei oder mehr Familien war. Ab 1913 lebte er in Mannheim, hatte aber seine Frau Martha, geb. Bauer schon am 14.09.1911 geheiratet. Über Martha Rath ist leider weder Schule noch Arbeitsstelle bekannt, aus den Wiedergutmachungsakten geht aber hervor, dass sie sehr herzlich und mütterlich gewesen sein soll, was man auf diesem Foto der Familie auch erahnen kann.
Max Rath kämpfte im ersten Weltkrieg und wurde sogar mit dem Eisernen Kreuz Erster Klasse ausgezeichnet, seine Einstellung soll säkular und sogar national gewesen sein, und er kann als assimilierter Jude bezeichnet werden. Max Rath war unter anderem durch den Sackhandel zu einigem Wohlstand gekommen und die Familie bezog das eigene Haus hier in F 3, 13 im Jahre 1921. Hier betrieb er auch die Max Rath OHG (für Textil- und Manufakturwaren). Die OHG hatte mehrere Angestellte und die Familie zweitweise sogar Personal. Gesellschafter der OHG war ein Herr Friedrich Salomon Kaufmann, dieser stieg aber 1932 aus der OHG aus, da es „sich nicht für zwei Familien rentiere“. Ab 1933 stellte und füllte die Familie Rath, Kurt und Paul mussten mithelfen, Schokoladenautomaten in Gaststätten auf.
Die OHG hatte von dritter Seite Geld zur Verfügung gestellt bekommen und damit das gesamte Lager der Konkurs gegangenen Firma Wagner & Morast in Ludwigshafen aufgekauft. Vermutlich waren die finanziellen Verpflichtungen im feindlichen Klima des Nationalsozialismus zu viel und die Firma wurde am 17.02.1937 als erloschen eingetragen. Nach der Verdrängung aus dem Automatengeschäft handelte Rath mit Briefmarken, was aber noch gerade so zum Sichern des Lebensunterhalts gereicht haben soll. Das Haus in F3 wurde am 09.12.1936 im Notariat zur Zwangsversteigerung angesetzt, wer es gekauft hat, ob und wohin die Raths gezogen sind, ist nicht bekannt. In der Meldekarte ist vor der Deportation nach Gurs kein Wohnortwechsel vermerkt.

Max Rath war großer Fußballfan und Mitglied beim VfR Mannheim sowie Spieler der AH. Er trat vor allem als Mäzen und Sponsor auf, der spätere Reichs- und Bundestrainer Josef „Seppl“ Herberger, der 1921 vom SV Waldhof über Phönix Mannheim zum VfR Mannheim wechselte, wurde über Max Rath finanziert bzw. ihm eine Stelle bei der Dresdner Bank verschafft. Nach Anekdoten wurde der Wechsel am Küchentisch der Raths verhandelt, da der damalige VfR- und späterer Reichstrainer Prof. Dr. Otto Nerz der Nachhilfelehrer der Rath-Kinder war und oft bei Raths ein und aus ging. Zeitweise wohnte das Ehepaar Herberger auch mietfrei in F3, 13, und als Geschenk zum Wechsel spendierte Rath eine komplette Kücheneinrichtung für das junge Paar. Dieser Wechsel sorgte auch für die sogenannte „Berufsspieleraffäre“, denn offiziell hatten die Fußballer der damaligen Zeit laut Regelwerk Amateure zu sein, die Scheinanstellung bei Betrieben war gängige Praxis, um die Regelung zu umgehen.

Am 22.10.1940 wurde das Ehepaar Rath nach Gurs deportiert, die Söhne hatten es schon früher nach Südafrika (Kurt) bzw. England (Paul) geschafft. Laut einem Nachruf im Mannheimer Morgen soll Max Rath bis zuletzt geglaubt haben, sein Eisernes Kreuz rette ihn vor schwereren Repressalien. Am 14.08.1942 wurden Martha und Max Rath von Gurs nach Auschwitz deportiert und vermutlich nach kurzer Zeit ermordet. Für tot erklärt wurden Sie zum 08.05.1945.

Mit diesem Stolperstein schließen wir eine Lücke im Gedenken an Max Rath, denn in seiner Geburtsstadt Geldern wurde ein Stein verlegt, auf dem fälschlicherweise ein unfreiwilliger Umzug nach Mannheim im Jahre 1940 vermerkt ist.
Es ist für uns, wie schon erwähnt, völlig egal, zu welchem Verein jemand gehört. Wir hoffen, wir konnten das Schicksal des Mannheimer Ehepaars hier etwas darstellen und freuen uns, dass die beiden nun nicht mehr vergessen werden. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

Die Stolpersteine für Max und Martha Rath wurden vom Fanprojekt Mannheim initiiert und am 11. Oktober 2022 an der Stelle des damaligen Wohnhauses (heute Standort der Synagoge) verlegt. Das Fanprojekt trägt die Patenschaft für die Steine.

Adresse

F 3, 13 (heute Max-Grünewald-Platz)
68159 Mannheim
Deutschland

Geolocation
49.489894198003, 8.4648922947052