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Fortuna kommt nach Mannheim - Unterlagen zur Kurpfälzischen Zahlenlotterie (1764-1802)

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Zeichnung eines Lottoscheins

In unserem Bestand "Kleine Erwerbungen" finden sich viele interessante Dokumente, die uns einen Blick auf heute längst Vergessenes ermöglichen, das zu seiner Zeit aber von großer Bedeutung war.

Das gilt beispielsweise für die "Besoldungslisten der Angestellten der Lottodirektion und der Lottobuchdruckerei" aus dem Jahr 1792, die sich in diesem Bestand befinden. Dieses Dokument wirft ein Schlaglicht auf eine Einrichtung, die im 18. Jahrhundert für viele Menschen sehr wichtig war und einige leider auch in den Ruin getrieben hat.

Lottohaus in L 1, 2, REM

Das "Lotto di Genova", der Vorläufer des heutigen Lottospiels, hatte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts so viele Fans, das von einem "Lottofieber" die Rede war. Denn den einen Kreuzer Mindesteinsatz konnten sich auch arme Leute leisten und viele Lotterieeinnehmer ließen es auch zu, dass auf Pump gespielt wurde, immer in der Hoffnung auf den großen Gewinn, der sich aber selten einstellte, da 5 Zahlen aus 90 gezogen wurden.

Jedes Territorium in Deutschland hatte seine eigene Lottogesellschaft, weil diese Spielsucht für die Veranstalter hoch lukrativ war. In Mannheim wurde die Kurpfälzische Lottogesellschaft 1764 gegründet als Privatgesellschaft von Kurfürst Karl Theodor, seinem Minister Peter Emanuel von Zedtwitz und dem französischen Bankier Claude Martin Saint Martin, der den Lottoplan entworfen hatte. Der Kurfürst selbst garantierte mit seinem Privatvermögen für den Lottofonds, und die Gewinne wurden zwischen den drei Gesellschaftern aufgeteilt. Anders als in vielen anderen Territorien floss nichts davon in die kurpfälzische Staatskasse.


Blick in die Lottodruckerei, REM

In einem repräsentativen Gebäude in L 1, 2 am Beginn der Breite Straße, war der Sitz der Lottodirektion, zu der auch eine Druckerei gehörte, die die Lottozettel und die Werbung für das Lotto druckte, u.a. den "Almanach de Bonne Fortune / Glückskalender für und durch die Chur-Pfälzische Lotterie", von dem einige Exemplare in den Reiss-Engelhorn-Museen erhalten sind und aus dem auch die hier gezeigten Illustrationen stammen.


 Scan einer Seite des Dokuments

Aus dem bei uns aufbewahrten Dokument ist zu erfahren, wie viel Geld die Mitarbeiter der Lotto-Direktion im Jahr verdient haben. Vom Hausmeister Baur, der 143 Gulden Jahresgehalt hatte, bis zum Lottodirektor Foersch, der im gleichen Zeitraum 2.000 Gulden erhielt, lässt sich das für die neun Angestellten des Lottobüros und die zehn Mitarbeiter der Druckerei (ein Meister, neun Gesellen) genau nachvollziehen.

Doch: wie viel Wert hatte ein Gulden? Leider lässt sich das nicht direkt in Euro umrechnen. 60 Kreuzer machten einen Gulden aus. Das heißt, 143 Gulden Jahresgehalt waren 8.580 Kreuzer. In Mannheim kostete 1766 ein Pfund Schweine- oder Rindfleisch 6 ½ Kreuzer und die Maas Bier 3 Kreuzer, ein Brötchen kostete 1 Kreuzer und ein Mischbrot 2 Kreuzer, das Pfund gezogener Kerzen 11 Kreuzer. Das gibt einen Hinweis, wie teuer die Lebenshaltungskosten im 18. Jahrhundert waren.

1 Kreuzer Einsatz beim Lotto war tatsächlich wohlfeil und die Vorstellung, dass man – was bei der einfachsten Wette möglich war – 15 Kreuzer gewinnen konnte, war für arme Leute schon sehr verlockend und zu dieser Gruppe der Armen gehörte auch der Hausmeister Baur des Lottohauses, auch wenn es ihm mit einem regelmäßigen Verdienst besser ging als den zahlreichen Tagelöhnern, die nur 30 Kreuzer am Tag verdienen konnten.

 

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