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Eine kleine Reise durch die Mannheimer Fußballgeschichte

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schwarz-weiß Foto vom Emfpang des VfR zur gewonnen Meisterschaft auf den Planken, im Hintergrund der Wasserturm, 1949

Die Anfänge der Mannheimer Fußballgeschichte reichen mehr als 130 Jahre zurück. Genauer gesagt, beginnt sie im Jahr 1890, als Mannheims Fußballpionier Prof. Dr. Carl Julius Specht diesen Sport in England entdeckte und das fast neue Spiel nach Mannheim importierte, um es seinen Schülern in der Großherzoglichen Realschule, zunächst in N6 an den Kapuzinerplanken und später am Friedrichsring, näher zu bringen.

Neben dem oberen Luisenpark, Höhe Theresien Krankenhaus, und auf dem Exerzierplatz am Friedrichsring wurde zum Ende des 19. Jahrhunderts das erste Mal gekickt. Auf diesem Platz steht der heutige Rosengarten, er wurde erst 1903 gebaut. Mit vier Torpfosten und Seilen als Torstangen marschierte Professor Specht mit seinen Kommilitonen auf diese Plätze. Unter seiner Mithilfe gelang schließlich auch die Gründung des ersten Mannheimer Fußballvereins, der MFG 1896 Mannheim, einem Vorläuferverein des späteren VfR Mannheim. Alexander Schrade war Vorsitzender, bester Spieler und Spielführer zugleich.

Bereits 1905 weihte die MFG 1896 das Stadion an den Brauereien in der Käfertaler Straße ein, welches ab 1911 nach der geglückten Fusion mit der Union und der Viktoria den VfR Mannheim beheimatete. In diesem Stadion fand auch das Finale der deutschen Meisterschaft 1907 statt, welches den Freiburger FC als 3:1 Sieger gegen Viktoria Berlin sah.

Portrait von Wilhelm Trautmann, 1910

1910 stellte die Viktoria mit Wilhelm Trautmann den ersten Mannheimer Fußball-Nationalspieler. Der zweite sollte erst 1921 Karl Höger vom SV Waldhof sein. Zu dieser Zeit ging auch der Stern von Josef "Seppl" Herberger auf, zunächst erfolgreicher Stürmer beim Waldhof und als Sturmtrio gemeinsam mit Willi Hutter und Karl Höger als "Drei H-Sturm" gefürchtet. Durch die erste große Berufsspieleraffäre Deutschlands, in welche Seppl Herberger durch seinen Wechsel zum MFC Phönix Mannheim verwickelt war, trat der VfR Mannheim auf den Plan. Der DFB hatte Herberger zunächst Lebenslang gesperrt. Durch Rückzahlung der 10.000 Reichsmark kam es zum Wechsel zum VfR Mannheim, der von Professor Dr. Otto Nerz betreut wurde, dem ersten Reichstrainer Deutschlands von 1926 bis 1936. Er war Herbergers Mentor und an dessen beruflicher Karriere maßgeblich beteiligt.

Die großen Mannheimer Fußballer der 1930er Jahre waren Otto Siffling, der bis heute erfolgreichste Mannheimer Nationalspieler mit 31 Länderspielen und 17 Toren zwischen 1934 und 1938. Oder Oskar "Ossi" Rohr, Teilnehmer und Torschütze der ersten Meisterschaft des FC Bayern München, der sowohl beim VfR Mannheim als auch beim SV Waldhof spielte, seine größten Erfolge jedoch in Frankreich erlebte (Racing Strasbourg und FC Setè). Er absolvierte bis 1932 vier Länderspiele, in denen er fünf Tore schoss.

Kuriositäten wie Hundebisse gegen VfR Spieler in Stuttgart durchliefen die Fußball-Historie in den Quadraten, Beschwerdebriefe an die Zeitung gab es wegen "Bolzens auf dem Goethe-Platz", auf dem heute das Nationaltheater steht. 1953 kam es auf dem Waldhof zu einem kuriosen Spielabbruch, der für den in den Käfertaler Wald geflüchteten "Regenschirm-Täter", der sich später selbst stellte, eine Geldstrafe von 150 D-Mark zur Folge hatte, die er nur in Raten (monatlich 5 D-Mark) abbezahlen konnte. Am Stadion an den Brauereien kam es 1955 zum ersten Einsatz eines Wasserwerfers bei einem Fußballspiel.

Der SV Waldhof erreichte 1939 das Endspiel um den Tschammerpokal (Vorläufer-Wettbewerb des DFB Pokals) in Berlin gegen den 1. FC Nürnberg und verlor 2:0. Interessant ist auch, dass neben dem VfR und SVW weitere Mannheimer Vereine in der höchsten Spielklasse agierten, als da wären: VfL Neckarau, MFC Phönix, MFC 08 Lindenhof, Spvgg. Sandhofen und die FC Germania Friedrichsfeld.

Die Mannheimer Fußballgeschichte ist durchzogen von ständigen Platz- und Stadionproblemen in ihrer Historie und von fünf vergeblichen Anläufen um eine Fusion zwischen dem VfR und dem SVW. Von Höhen und Tiefen ist besonders in den 1950er, 60er und 70er Jahren zu berichten, als die beiden letzten "Großen" Vereine Mannheims, der VfR und der Waldhof, bis in die Drittklassigkeit abstiegen und keinen Teilnehmer bei der Gründung der Bundesliga 1963 stellten.

Der tragische Tod des einzigen Neckarauer Nationalspielers Fritz Balogh 1951, der auf der Rückreise eines Punktspiels bei Bayern München bei Ulm aus bis heute ungeklärten Umständen aus dem Zug fiel und wie Helmut Schneider vom SVW nur ein Länderspiel absolvierte.

Empfang des VfR am Mannheimer Bahnhof, 1949

Einen besonderen Höhepunkt neben dem Bundesliga-Aufstieg des SV Waldhof 1983 hat Mannheim durch die Erringung des Deutschen Meistertitels des VfR 1949 zu bieten! Erster deutscher Meister der noch jungen Bundesrepublik Deutschland, erster Träger der neu entworfenen Meisterschale und in Jöckel, Löttke, De La Vigne, Langlotz, Müller, Oetti Mayer, Stiefvater, Bolleyer, Rößling, Henninger und Keuerleber elf Helden für Mannheim! Sie wurden standesgemäß bei ihrem Triumphzug durch eine noch zerstörte Stadt gefeiert, nachdem sie in einer "Hitzeschlacht" Borussia Dortmund in Stuttgart mit 3:2 nach Verlängerung bezwungen hatten. Ein weiterer Höhepunkt war die nicht zu erwartende A-Jugend-Meisterschaft des SV Waldhof 1980.

Ein "Kult-Coach" für Mannheim war Klaus Schlappner, der 1983 mit dem Waldhof sensationell in die Bundesliga aufstieg. Sein verlängerter Arm auf dem Spielfeld ist der Ehrenspielführer des Vereins, Günter Sebert gewesen.

Weniger bekannt, dafür umso wichtigere Akteure mitten im Fußballspiel sind die Schiedsrichter. Der erste deutsche WM-Schiedsrichter 1954 und Gründer des Sportkreises Mannheim war Emil Schmetzer, der für den Waldhof pfiff, sowie der bei drei Fußball-Weltmeisterschaften eingesetzte Kurt Tschenscher aus Neckarau, der die erste gelbe Karte der Fußballgeschichte 1970 zückte und insgesamt über 1.800 Spiele leitete. Mit Dietmar Danner, Jürgen Kohler, Maurizio Gaudino, Christian Wörns kann von weiteren Mannheimer Nationalspielern in den 1970er, 80er und 90er Jahren gesprochen werden.

Der Untergang und das Verschwinden von Fußballvereinen auf Mannheims Landkarte ist eine unschöne Tatsache. Am Beispiel der Zeitzeugin Lili Achtstetter, "der letzten Hüterin des SCN", wissen wir um die tragische 70 Jahre alte Geschichte der SC Neckarstadt, die sich 1983 aufgrund großer finanzieller Probleme auflösen musste

Max Rath (vorne, Mitte) als Torwart der Alten Herren des VfR Mannheim 1920/21

Jüdische Fußballer haben Mannheim bei ihren ersten Schritten begleitet. Sei es Idstein oder Max Rath, Spieler des VfR Mannheim. Rath, einer der ersten jüdischen Sponsoren in den 1920er Jahren, widmete das Fanprojekt nachträglich 2022 sogar einen Stolperstein in der Stadt.

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