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Parteien der Weimarer Zeit: Die Arbeiterparteien (Teil 1)

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Propagandaplakat der Kommunistischen Partei Deutschlands von 1919/20. Mann deutet der zu ihm heraufschauenden Masse den Weg: "Hinein in die KPD!"

Im Zuge der Novemberrevolution von 1918 bildete sich auch in Mannheim ein Arbeiter- und Soldatenrat. Besetzungen, Demonstrationen, Unruhen und Streiks waren wie überall im Reich an der Tagesordnung. Dennoch gelang in diesen turbulenten Tagen mit der Verabschiedung der Weimarer Verfassung die Errichtung einer parlamentarischen Republik. Die bedeutsamsten Parteien der Weimarer Zeit, ihre Haltung zur neuen Republik und die Entwicklung ihrer Wählerschaft in Mannheim soll am Beispiel der Reichstagswahlen in drei Teilen auf unserem Blog in den Blick genommen werden.

Bevor wir die Arbeiterparteien betrachten, zunächst ein kurzer Überblick über das Parteienspektrum und die Wahlergebnisse in Mannheim. In der Phase vor den Wahlen zur badischen verfassungsgebenden Landesversammlung und zur Deutschen Nationalversammlung (1919) formierten sich die Parteien neu. Das katholisch geprägte Zentrum konnte in Mannheim auf eine stabile Wählerschaft hoffen und erreichte in der Weimarer Zeit fast immer rund 15 % der Stimmen. Das liberale Lager (DDP und DVP) lag bis 1928 zusammen bei über 20 %, bevor es massiv an Stimmen verlor. Im Gegensatz dazu nahm die NSDAP einen rasanten Aufstieg. Die Wirtschaftspartei erzielte 1930 mit 4,3 % der Stimmen ihr absolut bestes Ergebnis. Kurz erwähnt werden soll schließlich noch der Evangelische Volksdienst, der 1930 erstmals bei einer Reichstagswahl antrat und dort mit 3,7 % der Stimmen sein höchstes Ergebnis erzielte.

Die meisten Anhänger*innen hatten in Mannheim aber die Arbeiterparteien, die weit über dem badischen und dem Reichsdurchschnitt lagen. Während 1919 nur die SPD antrat, stellten sich bei der ersten Reichstagswahl (1920) auch KPD und die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) zur Wahl. Letztere erreichte 21,4 % der Stimmen. Kurz darauf ging sie zum größten Teil in der KPD auf und die Rest-USPD vereinigte sich später mit der SPD. Daher werden im folgenden nur KPD und SPD in den Blick genommen.

Die aus dem Spartakusbund und linken Gruppierungen gebildete Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) trat 1919 bei der Wahl zur Nationalversammlung nicht an, sondern versuchte durch Massenstreiks und Protestaktionen Anhänger*innen zu gewinnen. Die KPD lehnte die parlamentarische Demokratie ab und strebte eine Räterepublik nach sowjetischem Vorbild an.


Plakat der KPD, ca. 1919-1920. MARCHIVUM.

In Mannheim proklamierte ein aus USPD und Kommunisten bestehender Arbeiterrat im Februar 1919 die Süddeutsche Räterepublik, die aber bald darauf durch Verhandlungen zwischen den Parteien als nicht bestehend erklärt wurde. Die Mannheimer KPD-Ortsgruppe war zunächst zahlenmäßig kein, aber sehr aktiv und organisierte bereits im Herbst 1919 den zweiten (illegalen) Parteitag der Gesamtpartei in Heidelberg und Mannheim. Ab 1920 nahm sie an den Wahlen teil und entwickelte sich, insbesondere aufgrund der Weltwirtschaftskrise, reichsweit zur drittstärksten Partei. Schon im Mai 1924 kam sie (nach dem Zusammenschluss mit Teilen der USPD) in Mannheim auf rund 21 % und bei der Neuwahl im Dezember immerhin noch auf fast 13 %. Das zeitweilige Parteiverbot im Jahr zuvor hatte ihren Zusammenhalt eher gestärkt und ihre Organisation stabilisiert.


Plakat der KPD, 1930. MARCHIVUM.

In den Folgejahren sorgten parteiinterne Querelen für eine Schwächung der Mannheimer Ortsgruppe. Das tat aber ihrem Wahlerfolg keinen Abbruch. Bei der Reichstagswahl 1928 erreichte die KPD in der Quadratestadt 16 % der Stimmen. 1930 legte die Partei, die sich als revolutionäre Alternative zur SPD verstand, kräftig zu und im November 1932 gelang es ihr schließlich mit 23,9 % der Stimmen die SPD um rund 1 % zu überflügeln.

Ein gemeinsames politisches Vorgehen beider Arbeiterparteien gegen die NSDAP gelang nicht, stattdessen blockierte die KPD zusammen mit der NSDAP die parlamentarische Arbeit. Gleichwohl stand die KPD in strikter Gegnerschaft zur NSDAP. Mitglieder der Mannheimer KPD traten in der Öffentlichkeit immer wieder mahnend und warnend gegen die NSDAP auf, störten deren Veranstaltungen und lieferten sich mit der NSDAP zum Teil heftige Saal- und Straßenschlachten. 1933 wurde die KPD von den Nationalsozialisten verboten und ihre Mitglieder verfolgt. In Mannheim ist die KPD insbesondere mit dem Namen des KPD-Stadtrats (seit 1922) und Landtagsabgeordneten (1924-33) Georg Lechleiter verbunden, der Kopf der Mannheimer Widerstandsgruppe in der NS-Zeit war und mit seinen Mitstreiter*innen von den Nationalsozialisten 1942 hingerichtet wurde.

Die zweite Arbeiterpartei, die Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), wurde zwar von ihren politischen Gegnern als republikfeindlich beschimpft, war aber tatsächlich eine der drei staatstragenden Parteien der Weimarer Zeit. Die SPD trat für die Stärkung der Rechte aller Arbeit*innen ein, forderte internationale Verständigung und verstand sich als Friedenspartei. Auf ihre Initiative gründeten Mitglieder von SPD, Deutscher Demokratischer Partei (DDP) und Zentrum 1924 in Mannheim eine Ortsgruppe des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, dessen Ziel die Verteidigung des jungen Staates war.

In der Arbeiterstadt Mannheim war die SPD seit Ende des 19. Jahrhunderts eine bedeutsame politische Kraft. Aus den Reihen der Mannheimer SPD kam 1919 der erste badische Staatspräsident (Anton Geiß) und ab 1928 war der SPD-Politiker Hermann Heimerich Oberbürgermeister in der Quadratestadt. Der in Mannheim geborene Hermann Müller war der letzte Reichskanzler, der sich auf eine parlamentarische Mehrheit stützen konnte, bevor die Zeit der Präsidialkabinette anbrach.


Plakat der SPD, 1919-1933, genauer Zeitpunkt unklar. MARCHIVUM.

Die SPD war bis 1932 stärkste Partei in Mannheim, wo sie 1919 bei der Wahl zur Nationalversammlung sogar über 50 % der Stimmen erreichte. Bei der ersten Reichstagswahl 1920 erlangte sie immerhin noch rund 30 % der Stimmen (USPD 21,4%). Einen Einbruch erlebte sie bei der Reichstagswahl im Mai 1924, als sie nur noch rund 25 % der Stimmen erreichte, während die KPD mit etwa 21 % enorm zulegen konnte. Grund war die mit der damaligen Krise verbundene Mobilisierung der Protestwähler*innen durch linke und rechte Parteien, die dadurch Gewinne erzielen und gleichzeitig die staatstragenden Parteien schwächen konnten. Nachdem aber Reichskanzler Wilhelm Marx (Zentrum) keine parlamentarische Mehrheit erreichen konnte, wurden für Dezember 1924 Neuwahlen angesetzt, die zu einer Stabilisierung der Verhältnisse führten. In den folgenden Jahren fanden SPD und bürgerliche Parteien breite Zustimmung in der Bevölkerung. Für die SPD bedeutete dies, dass sie im Dezember 1924 und bei der Reichstagswahl 1928 wieder einige Stimmen gutmachen und damit über 30 % der Mannheimer Wähler*innen für sich gewinnen konnte.


Plakat der SPD, ca. 1928. MARCHIVUM.

Die Reichstagswahl vom 14. September 1930 stand unter dem Eindruck der Wirtschaftskrise und einer demoralisierten Stimmung. Die SPD fiel bei dieser Wahl in Mannheim unter 30 % und 1932 wurde sie von KPD und NSDAP von Platz 1 verdrängt. In der NS-Zeit wurde die SPD, die als einzige Partei gegen das Ermächtigungsgesetz stimmte, verboten und viele ihrer führenden Mitglieder verfolgt.

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