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Pressefotograf Günther Thomas

Im Gespräch mit Passanten

Eine Herausforderung der angenehmeren Art – so könnte man die Aufgabe bezeichnen, vor die uns der Nachlass des Pressefotografen Günther Thomas stellt. Nach der Übernahme des Bestands vor sechs Jahren mithilfe der Heinrich-Vetter-Stiftung wird seine Erschließung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert und ist noch bei weitem nicht abgeschlossen.

Zur Erklärung des enormen Zeitbedarfs sei eine Zahl genannt: 17.842 Bildalben zählen alleine die Schwarz-weiß-Negative im Bestand, deren Verzeichnung bereits abgeschlossen ist. Bei über 3000 steht die Zahl der Farbnegativ-Alben, deren Sichtung gerade läuft. Hinzu kommen Unmengen von Abzügen, die teilweise den Negativen entsprechen – aber nur teilweise: Aufgrund eines Wasserschadens ging ein großer Teil des Negativbestands bis 1968 bereits vor der Übergabe an das MARCHIVUM verloren. Um die dadurch gerissenen Lücken zumindest teilweise auszubessern, müssen Abzüge und Negativbestand in mühsamer Kleinarbeit abgeglichen werden. Ein gerechtfertigter Aufwand indes: Bereits die Lokalredakteurin Anneliese Donner vermutete in ihrem Grußwort zum 80. Geburtstag des Fotografen, dass dessen Archiv „eine wahre Fundgrube für Lokalhistoriker“ sein müsse. Tatsächlich zählt der Nachlass Thomas als größter Einzelbestand mit etwa 600.000 Fotos zum Kern der Bildsammlung. Von den 1950er Jahren an bis nach der Jahrtausendwende spiegeln sich zahlreiche Facetten des öffentlichen Lebens in Mannheim in den Aufnahmen wider.

In Szene gesetzt: Elvis Presley bei einem Auftritt im „Universum“, 1958


Absehbar war dies vor einem Jahrhundert keineswegs. Das Licht der Welt erblickte Günther Thomas in einer winzigen Ortschaft in Schlesien, wo er zunächst eine Lehre als Einzelhandelskaufmann absolvierte. Ins Rhein-Neckar-Dreieck verschlug es ihn durch die Kriegswirren. Als Luftwaffenpilot Ende 1943 abgeschossen, verlebte er das letzte Kriegsjahr fast durchweg im Lazarett. Halbwegs genesen, wurde er zu einer Flakbatterie nach Mutterstadt versetzt. Den Entschluss, in Südwestdeutschland sesshaft zu werden, traf er spätestens im Frühjahr 1944: Er hatte mit seiner „Leni“ eine junge Friedrichsfelderin kennengelernt, mit der er bis zu ihrem Tod ein halbes Jahrhundert lang verheiratet bleiben sollte. Eine erste Anstellung fand er nach Kriegsende in der Friedrichsfelder Drogerie Abt. Die im Geschäft nebenher geführten Fotoartikel erweckten schnell sein Interesse und sollten schließlich seinen späteren Werdegang prägen. Im Haus seiner Schwiegereltern in der Neckarhauser Straße richtete er ein kleines Fotolabor ein, das später zu einem gemeinsam mit seiner Frau betriebenen Ladengeschäft mit Atelier heranwuchs. Die Grundlagen des Fotohandwerks erlernte Thomas in Abendschulkursen, das Übrige brachte er sich autodidaktisch bei.
Lebte er zwar ganz am Rande der Stadt, so war Günther Thomas doch immer mittendrin: Von seinem an der Gemarkungsgrenze zwischen Friedrichsfeld und Neu-Edingen gelegenen Studio aus unternahm er über mehr als fünf Jahrzehnte hinweg Streifzüge durch Mannheim und versorgte sämtliche Lokalzeitungen mit Aufnahmen des Tagesgeschehens. Seine beständige Arbeit blieb auch jenen nicht verborgen, die sich häufig auf der anderen Seite der Linse wiederfanden. Mit der Zeit wurde Thomas selbst ein bekanntes und geschätztes Gesicht, seine runden Geburtstage zum Stelldichein der Lokalprominenz: Noch anlässlich seines 80. Geburtstags ließ es sich der über zehn Jahre ältere Mäzen Heinrich Vetter nicht nehmen, persönlich seine Aufwartung in Friedrichsfeld zu machen. Sein Zugang zu gehobenen Kreisen änderte nichts an Thomas‘ Bereitschaft, auch die Aufträge einfacher Bürgerinnen und Bürger anzunehmen: Hochzeiten, Kommunions- und Konfirmationsfeiern oder Jubiläen dokumentierte er mit derselben Sorgfalt und Liebe zum Detail, die er auch bei „hochkarätigen“ Veranstaltungen an den Tag legte. Zu den Pressefotografien gesellten sich schließlich auch unzählige Passfotos und Portraitaufnahmen.
Seit den 1970ern war Foto-Thomas buchstäblich dauerhaft im Herzen Mannheims präsent: Zu dem Geschäft in Friedrichsfeld waren auch Filialen in F 1 und M 7 gekommen. Seinem Wahlstadtteil blieb er jedoch immer treu, was sich vor allem in den Aufnahmen jüngeren Datums niederschlägt: Zur Jahrtausendwende hin nimmt die Zahl der jährlich aufgenommenen Bilder langsam ab, in Friedrichsfeld war Thomas allerdings noch regelmäßig mit seiner Kamera bei Festen und Veranstaltungen anzutreffen. Günther Thomas verstarb am 4. Oktober 2015. Der 3. Juli dieses Jahres wäre sein 100. Geburtstag.

 

Buntes Treiben, nun auch in bunt: Meisterschafts-Corso der Adler Mannheim am Rathaus, April 1997

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