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Karl Benz und die Anfänge des Automobils

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Benzmobil, 1909

Menschen­, Pferde­ und Dampfkraft bewegten nach wie vor die Gefährte auf Deutschlands Land­ und Wasserstraßen, als Nikolaus Otto in Deutz seinen Viertaktverbrennungsmotor entwickelte und 1877 patentieren ließ. 1885 bauten Gottlieb Daimler und sein Konstrukteur Wilhelm Maybach in Cannstatt das erste Motorrad der Welt. Und in Mannheim erprobte und verbesserte Karl Benz auf dem Werkstatthof in T 6, 11 sein dreirädriges, mit Viertaktmotor ausgerüstetes und mit Ligroin betriebenes Gefährt.

Am 30. Januar 1886 verfügte das Reichsgericht die Aufhebung des Otto­-Patents in fast allen Punkten. Bereits einen Tag zuvor hatte man Karl Benz das Reichspatent 37.435 für ein "Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb, eine Construction [..., die] den Betrieb hauptsächlich leichter Fuhrwerke und kleiner Schiffe" bezweckte, erteilt.

Nun durfte dieser erste selbstfahrende Motorwagen der Welt sich auch in aller Öffentlichkeit auf Mannheims Straßen sehen lassen. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von etwa 16 km pro Stunde vermochte der Patent-Motorwagen drei Personen von Apotheke zu Apotheke zu transportieren, wo jeweils "nachgetankt" werden musste. Zeitgleich gab Daimler die entsprechende Umrüstung einer Kutsche in Auftrag; in der Folge wurden von der Pferdestraßenbahn bis zum Ballon zahlreiche Fahrzeuge "motorisiert".

Noch hatte das Automobil den Markt nicht erobert, stießen die störenden, staubenden Hexenkarren auf verbreitete Ablehnung in der Bevölkerung. Weder die spektakuläre Fahrt, die Bertha Benz 1888 mit ihren Söhnen nach Pforzheim unternahm, noch die viel beachtete und prämierte Präsenz auf der Münchner Kraft­ und Arbeitsmaschinen­-Ausstellung wenig später oder die Lockerung der Fahrverbote konnten bei Benz’ skeptischen Partnern Max Rose und Friedrich Wilhelm Eßlinger das Vertrauen in die Zukunft des Automobils stärken. Beide verließen 1890 die Firma Benz & Co.

Auf dem "Victoria" sitzen (v.r.) Karl und Bertha Benz, Tochter Klara, Fritz Held, 1894

Im gleichen Jahr, als Daimler mit finanzkräftigen Mitstreitern die Daimler­-Motorengesellschaft ins Leben rief, nahm auch Benz einen neuen Anlauf. Mit Friedrich von Fischer und Julius Ganß konnte er 1890 zwei auslandserfahrene und dem Motorwagenbau positiv gegenüberstehende Partner für seine Offene Handelsgesellschaft Benz & Co. gewinnen. Bis 1893 entwickelte er mit dem Victoria sein erstes vierrädriges Automobil, das allerdings infolge des hohen Preises noch auf einen elitären Käuferkreis beschränkt blieb. Nur ein Jahr später rollte dann ein bezahlbarer Verkaufsschlager aus den Benz’schen Werkstoren: der Velo. Bis 1900 sollten der Absatz aus dem stetig erweiterten Produktprogramm auf die Höchstzahl von 603 verkauften Motorwagen ansteigen sowie jenseits der traditionellen Abnehmer in Frankreich neue Märkte in Europa und Übersee erobert werden. Auch erste, wenig leistungsfähige Omnibusse (1895) sowie Lastwagen (ab 1896/97) standen im Programm.

Am 8. Mai 1899 wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Doch bald brach der Absatz dramatisch ein; 1901 verkaufte die Benz & Cie. Rheinische Gasmotorenfabrik AG nur noch 385 Automobile. Zeitgleich sorgte die Cannstatter Konkurrenz mit Maybachs Neukonstruktion Mercedes für Aufsehen und war bei Autowettfahrten zunehmend überlegen. Die Spannungen zwischen Karl Benz und Julius Ganß eskalierten. Ersterer verwahrte sich gegen höhere (Renn-­)Geschwindigkeiten und eine radikale Modernisierung. Letzterer richtete neben dem deutschen ein französisches Konstruktionsbüro unter Leitung des Ingenieurs Marius Barbarou ein. Der nun entwickelte Kraftwagen mit Kardanantrieb Parsifal führte jedoch nicht aus der Krise, sondern zum endgültigen Bruch zwischen den beiden alten Geschäftspartnern. Benz schied 1903 aus dem Vorstand aus. Obwohl er im folgenden Jahr wieder in den Aufsichtsrat zurückkehrte, verlegte er den Schwerpunkt seiner Aktivitäten auf sein 1906 gegründetes neues Unternehmen in Ladenburg.

In Mannheim ging man inzwischen an die Modernisierung und Erweiterung der Produktpalette, 1907 wurde eine eigenständige Rennabteilung unter Fritz Erle eingerichtet. Im Zenit des Jahres 1912 umfasste die Belegschaft 5.380 Mitarbeiter, die 3.093 Pkws produzierten – seit 1908 wurden die Untertürkheimer Produktionszahlen der Daimler­Motorengesellschaft überflügelt. Bereits 1907 hatte man die Übernahme der Süddeutschen Automobilfabrik Gaggenau GmbH mit ihrer Nutzfahrzeugfabrikation in die Wege geleitet; 1908/09 wurde die Pkw­-Produktion in das neue Werk im Stadtteil Waldhof verlagert.

Nach den Jahren der Kriegsproduktion befand sich die deutsche Automobilindustrie in einer insgesamt schwierigen Lage. Viele Unternehmen gingen in Konkurs. Benz & Cie. gab mit dem Verkauf des Werks in der Neckarstadt 1922 den stationären Motorenbau auf, der Pkw-­Absatz erreichte 1923 einen absoluten Tiefpunkt. In dieser kritischen Phase schlossen sich die ehemaligen Konkurrenten aus Mannheim und Untertürkheim 1924 zunächst zu einer Interessengemeinschaft zusammen, bevor sie 1926 endgültig zur Daimler­-Benz AG fusionierten. Karl Benz starb am 4. April 1929. Das zu seinen Ehren 1933 eingeweihte Monument am Beginn der Augustaanlage trägt die Widmung: "Dem Pionier des Kraftwagenbaus".

 

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