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Mannheims Hafen und die freie Rheinschifffahrt

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schwarz-weiß Fotografie des Mannheimer Hafens, um 1900

Am 17. Oktober 1868 unterzeichnen die damaligen Rheinuferstaaten die Mannheimer Akte. Zur Bestätigung dieses Freihandelsabkommens wird bewusst auf den Tag der Eröffnung des Mannheimer Freihafens Bezug genommen, die 28 Jahre zuvor, am 17. Oktober 1840, stattgefunden hat.

Im Mannheimer Schloss erhält das Abkommen, für das die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) federführend ist, in einem feierlichen Akt die Unterschriften der Bevollmächtigten. Den Vorsitz hat Baden, dessen Delegierter Rudolph Dietz die Akte unterzeichnet. Die übrigen Unterzeichner sind Gesandte aus Bayern, Frankreich, Hessen, den Niederlanden und Preußen.

Der heute in Straßburg – seit 1920 Sitz der ZKR – verwahrte Vertrag tritt nach seiner offiziellen Ratifikation zum 1. Juli 1869 in Kraft und ist das älteste noch gültige europäische Abkommen zur Binnenschifffahrt. Das internationale Vertragswerk basiert auf dem Wunsch nach Freiheit der Schifffahrt. Darin werden verwaltungsmäßige Handelshemmnisse durch die Freistellung von Zöllen und Abgaben und die Gleichbehandlung aller Schiffe unterschiedlicher Nationen abgebaut.

Die Mannheimer Akte ordnet in ihren 48 Artikeln in deutscher und französischer Sprache die Schifffahrt auf dem Rhein. Artikel 1 leitet ein: "Die Schiffahrt auf dem Rheine und seinen Ausflüssen von Basel bis in das offene Meer soll, sowohl aufwärts als abwärts, unter Beachtung der in diesem Vertrage festgesetzten Bestimmungen und der zur Aufrechterhaltung der allgemeinen Sicherheit erforderlichen polizeilichen Vorschriften, den Fahrzeugen aller Nationen zum Transport von Waaren und Personen gestattet sein. Abgesehen von diesen Vorschriften soll kein Hindernis, welcher Arte es auch sein mag, der freien Schiffahrt entgegengesetzt werden."

So führt erwartungsgemäß der Abschluss der Akte auch in Mannheim zu einem rasanten Wachstum von Handel und Industrie und demensprechend zu einer Vergrößerung und Modernisierung des Hafens. Bereits 1862 verändert sich die Hafenlandschaft durch den Friesenheimer Durchstich, der im Zuge der Oberrheinregulierung durch den badischen Baudirektor Johann Gottfried Tulla erfolgt ist. Eine Verbesserung bringen die Verlegung der Neckarmündung nach Nordwesten und der Ausbau des Mühlauhafens mit dem Verbindungskanal. Weitere Hafenbecken entstehen bis 1895, als die große Kaimauer am Rhein fertiggestellt ist. Der Hafen verändert seinen Charakter und prägt durch seinen Ausbau zunehmend das Stadtgebiet. Verhandelt werden hauptsächlich Kohle, Holz, Eisen und Mineralöle aus Übersee, aber auch Getreide.

Bis 1861 hat die ZKR ihren Sitz in Mainz, wo bereits 1831 die Mainzer Akte als Vorläuferin der Mannheimer Akte mit zukunftsweisende Zoll- und Handelsvereinbarungen zwischen den Uferstaaten verabschiedet wird. Damals beginnt die Rheinschifffahrt für Mannheim erstmals eine größere Rolle zu spielen, und der weitere Weg zur florierenden Schifffahrts- und Hafenstadt wird geebnet. Baden und Mannheim entscheiden sich daher folgerichtig 1834 zur Grundsteinlegung einer modernen Hafenanlage am Rhein. Als Hafenplatz wird der Rheinarm zwischen Stadt und Mühlauinsel gewählt.

Das neue "Hafenbassin" weihen die Mannheimer am 17. Oktober 1840 in Anwesenheit des Großherzogs Leopold samt dessen Familie festlich ein. Trotz starken Regens – den die Mannheimer ja von Grundsteinlegungen gewohnt sind – strömen die Menschen zum Hafen, um dem Festakt beizuwohnen. Die Planken sind ebenso wie der Hafen mit Blumengirlanden und Flaggen geschmückt. Als besonderes Ereignis tauft die Tochter des damaligen Oberbürgermeisters Fräulein Josephine Jolly das Dampfboot einer Kölner Reederei mit einer Flasche Kölnisch Wasser auf den Namen "Stadt Mannheim".  Dies alles ist in der "Beschreibung der Einweihung des neuen Hafens in Mannheim und der Taufe des Dampfschiffes Stadt Mannheim. Am 17. October 1840" nachzulesen. Mit unverblümten Stolz spricht Oberbürgermeister Ludwig Jolly in seiner Festrede überschwänglich von einem Hafen "der seines Gleichen nicht findet am ganzen langen Rheinstrome".

Er lobt die Sicherheit für Schiffe und Waren sowie die modernen Lagerhallen. Am 360 Meter langen Hafenbecken reihen sich Kräne und Lagerhäuser sowie das großherzogliche Hauptzollamt. Dieser neue Hafen verspricht, den Handel und die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt voranzutreiben, und ist bereits auf die Erfordernisse des modernen Dampfschiffverkehrs ausgerichtet. Bereits seit 1816 fahren Dampfboote auf dem Niederrhein und erreichen Mannheim 1825. Damals unternimmt das holländische Dampfschiff De Rijn von Mainz kommend die erste Fahrt auf dem Niederrhein mit Halt in Mannheim.

Die Dampfschifffahrt verheißt durch die Schnelligkeit der Schiffe und den regelmäßigen Verkehr eine erfolgversprechende wirtschaftliche Entwicklung. Als die ebenfalls 1840 in Mannheim eröffnete Eisenbahnstrecke nach Heidelberg schließlich 1854 über eine Schleifbahn an das Hafengebiet angebunden wird, um für den Güterverkehr genutzt zu werden, können die Waren direkt im Hafen auf Waggons verladen werden. Mannheim bleibt flussaufwärts zentraler Endpunkt für die Großschifffahrt, hier werden die Güter auf kleinere Schiffe oder die Bahn verladen.

Die Versprechungen des neuen Dampfschiff-Zeitalters tragen maßgeblich zum Ausbau und zur Entwicklung des Mannheimer Hafens sowie der Rheinschifffahrt insgesamt bei und machen schließlich – nur 28 Jahre nach der Einweihung des Rheinhafens – die Ausarbeitung der "Revidierten Rheinschifffahrtsakte" unumgänglich.


Der Verbindungskanal - hier noch mit dem Gebäude des Hauptzollamtes - integriert den ältesten noch heute erhaltenen Teil des Hafens. Foto MARCHIVUM, um 1900



Seite der deutschsprachigen Version der Mannheimer Akte mit den Siegeln der Rheinuferstaaten, Ausschnitt aus der Akte der ZKR


Ausschnitt aus der Badischen Ratifikationsurkunde vom 29. März 1869, ZKR