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Berühmter Besuch Teil 1: Charles de Montesquieu (1729)

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Gezeichnete Planansicht des Mannheimer Schlosses aus dem Jahr 1726. Im Hintergrund ist der Rhein zu erkennen, zwischen Schloss und Fluss die Festungsmauern, die im Zickzack verlaufen.

Im 18. Jahrhundert wurde das Reisen nicht nur in adligen, sondern auch in den wohlhabenden bürgerlichen Kreisen populär. Insbesondere waren Bildungsreisen beliebt. Diese bedurften guter Vorbereitung und schlossen oft mit einer literarischen Reflexion, die sich auch in einer Vielzahl veröffentlichter Reiseberichte niederschlug. In loser Folge wollen wir einige Reisende und ihre Eindrücke von und Erlebnisse in Mannheim vorstellen. Los geht’s mit Charles de Montesquieu, der im August 1729 Mannheim besuchte und sehr angetan war.

Der französische Philosoph und Staatstheoretiker Montesquieu war einer der Vordenker der Aufklärung und entwarf das Modell der Gewaltenteilung. Er wurde 1689 auf Schloss La Brède bei Bordeaux als Charles-Louis de Secondat, Baron de La Brède et de Montesquieu geboren. 1726 verkaufte er sein Amt als Gerichtspräsident am Parlament von Bordeaux und bereiste drei Jahre lang mehrere europäische Länder. Seine Reise nach Deutschland führte ihn auch nach Mannheim worüber er in der Veröffentlichung „Voyages de Montesquieu“ berichtet. Aus der deutschen Übersetzung „Meine Reisen in Deutschland 1728-1729“ (hrsg. von Jürgen Orloff, Stuttgart, 2014) wird im Folgenden zitiert. Der Band befindet sich in unserem Bestand, ebenso Zeitungsausschnitte über Montesquieus Aufenthalt in Mannheim (ZGS S 1/2641 Montesquieu und S 2/2068 Reiseberichte).


Charles de Montesquieu. Wikipedia, gemeinfrei.

Montesquieu kam am Morgen des 28. August 1729 in Mannheim an. Zuvor hatte er sich in Heidelberg aufgehalten, das nur eine Poststation entfernt lag. Die Heidelberger hatten ihm gesagt, die Luft in Mannheim wäre schlecht, da die Stadt niedrig gelegen sei. Zwar fand er auch, dass die Stadt „sozusagen in einem Sumpf“ stehe, doch meinte er: „Aber man sieht den Gesichtern der Einwohner nicht an, dass die Luft so ist. Sie haben eine gute Farbe…“
Das Stadtbild gefiel ihm ausnehmend gut: „Die Stadt ist gegenwärtig eine der schönsten Deutschlands und sie wird noch eine der stärksten des Landes werden. Sieben Straßen auf der einen Seite, durchkreuzt von sieben weiteren Straßen auf der anderen, machen die Stadt aus. Sie sind breit und sehr gerade. Es gibt schöne Plätze und Häuser mit zwei Stockwerken, die meisten gut gebaut. Die Stadt liegt an einem bezaubernden Ort, wo der Neckar in den Rhein mündet. Sie wird eine der wichtigsten Städte Deutschlands sein. Wenn die Franzosen sie hätten, würden Mainz, Speyer, Worms, Heidelberg, Philippsburg und Trier fallen oder in Schach gehalten.“


Schloss, 1726. MARCHIVUM.

Montesquieu beschrieb die Befestigungsanlagen der Stadt und fertigte eine Skizze des Mannheimer Stadtplans in seiner Lage zwischen Rhein- und Neckar an. Die Befestigungen waren zu dieser Zeit noch im Bau. Aufgrund von Verträgen durften weder im Reich noch in Frankreich Festungen an das Rheinufer gebaut werden (Verträge von Rastatt und Baden, 1714): „Trotzdem hat der Kurfürst einige kleine, wenig beträchtliche Befestigungen am Kopf der Brücke über den Rhein gebaut. Man kam von Landau, um sich das anzusehen, und man hielt es für so wenig beachtenswert, dass man es richtig fand, nichts darüber zu sagen.“

Weiterhin führte er aus, dass ein Drittel der Bürger*innen katholisch sei, der Rest lutherisch oder reformiert. Die Kapuziner hätten ein schönes Kloster, die Jesuiten ein Kloster ohne Kirche (der Grundstein zur Jesuitenkirche wurde 1733 gelegt).
Das Schloss befand sich damals noch im Bau. Montesquieu besichtigte ein Modell aus Holz fand den Entwurf im Großen und Ganzen sehr ansprechend. Am besten gefiel ihm die Lage des Schlosses: „Was schön ist, das ist die Aussicht: Der Kurfürst sieht sein ganzes Land und darüber hinaus die beiden vorbeifließenden Flüsse.“ Allerdings glaubte er nicht daran, dass der Schlossbau zügig vorangehen werde, da die Finanzierung fraglich sei. Tatsächlich dauert es noch zwei Jahre bis Kurfürst Karl Philipp (1661-1742) im November 1731 erste Gemächer im Schloss beziehen konnte und die endgültige Fertigstellung erfolgte erst 1760. Der Grundstein für das Schloss war 1720 mit der Verlegung der Residenz nach Mannheim gelegt worden.


Stadtplan mit Rhein und Neckar und Stadtansicht mit Schiffsbrücke, Festungswerken und Schloss; Kupferstich von Matthias Seutter, 1730. MARCHIVUM.

Der Kurfürst weilte während Montesquieus Aufenthalt übrigens in Schwetzingen auf seinem Schlösschen, wo er den Sommer verbrachte. Dorthin wollte aber Montesquieu nicht reisen. Zum einen, weil er es eilig hatte, zum anderen weil Baron de Ricordin, für den er ein Empfehlungsschreiben hatte, nicht zugegen war. Und so setzte Montesquieu seine Reise fort ohne den Kurfürsten getroffen zu haben.

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