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Die Entwicklung der zentralen Wasserversorgung in einer expandierenden Stadt

schwarz-weiß Foto von einer Personengruppen, in der sich unter anderem ein Taucher befindet, der für die Verlängerung des Sammelbrunnens vonnöten war

Vor 150 Jahren – am 12. Juli 1873 – ging das Mannheimer Gaswerk in städtische Hand über. Damit war der Beginn der Stadtwerke, aus denen letztlich die heutige MVV Energie AG hervorgehen sollte, markiert. Doch bis die Versorgung der ortsansässigen Bevölkerung nicht nur mit Gas, sondern auch mit Trinkwasser gesichert war, vergingen weitere 15 Jahre.

Am 21. April 1888 war es soweit: Das erste Wasserwerk Mannheims ging in Käfertal in Betrieb. Damit kam die Stadt zum ersten Mal in den Genuss einer zentralen Versorgung mit Trinkwasser, was einen gewissen Sensationswert besaß. Schön illustriert wird das in dem Mundartgedicht, das anlässlich der Eröffnung im Mannheimer Generalanzeiger abgedruckt wurde.

In lokalem Dialekt illustriert das anlässlich der Eröffnung des Wasserwerks veröffentlichte Gedicht den Sensationswert der Neuerung, nun frisches Wasser direkt aus der Leitung zapfen zu können, Quelle: Generalanzeiger vom 22.4.1888.

Schon während der Bauzeit war die Nachfrage nach der Installation von Hausanschlüssen groß gewesen, sodass die Trinkwasserleitung bei Inbetriebnahme bereits rund 700 Häuser versorgte. Andererseits bedeutete dies auch, dass ein Großteil der Mannheimer Bevölkerung noch nicht in den Genuss frisch gezapften Wassers in den eigenen vier Wänden kam. Daher wurde auch rasch die Forderung laut, insbesondere in ärmeren Quartieren Ventilbrunnen von der Leitung abzuzweigen, damit die dort lebenden Menschen ebenfalls Zugang zu sauberem und frischem Trinkwasser erhielten. Grundsätzlich musste der angemessene Verbrauch von Leitungswasser erst "erlernt" werden. Daher befanden sich im Statut zum Wasserbezug einige lenkende Maßnahmen, um einerseits die Vergeudung allzu vielen Wassers zu verhindern – die wichtigste war sicherlich der Einbau der Wassermesser – und andererseits übertriebener Sparsamkeit vorzubeugen, welche der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens entgegenstand. Hierfür war die Gestaltung der Tarife ein wichtiges Instrument.

Spätestens, als ein Jahr nach dem Wasserwerk auch der Wasserturm am Friedrichsplatz eingeweiht wurde und schnell zum Wahrzeichen der Stadt avancierte, dürfte in den Hintergrund gerückt sein, dass der Weg zur zentralen Trinkwasserversorgung lang und steinig gewesen war. Entsprechende Überlegungen reichten bis ins 18. Jahrhundert zurück. Bereits in den 1790er Jahren entwarf Andreas von Traitteur den detaillierten Plan einer quellwassergespeisten Trinkwasserleitung von Rohrbach bei Heidelberg nach Mannheim, der jedoch nie zur Umsetzung kam. In den folgenden Jahrzehnten gab es immer wieder Überlegungen, wie Mannheim zentral mit Trinkwasser versorgt werden könnte; dabei war jedoch lange Zeit selbst die Grundsatzfrage umstritten, ob Grundwasser oder filtriertes Rheinwasser zum Einsatz kommen sollte. Mehrere gescheiterte Anläufe und diverse Gutachten waren die Folge.

Erst die Berufung des Ingenieurs Oskar Smreker im Herbst 1882 brachte die Wende: Smreker ging die Aufgabe systematisch und wissenschaftlich fundiert an. Zunächst machte er auf hydrogeologischen Überlegungen fußend ein geeignetes, von einem Grundwasserstrom durchflossenes Gebiet aus. Dann folgten intensive weitere hydrologische Untersuchungen und Probebohrungen, die schließlich zur Entscheidung für den Standort im Käfertaler Wald führten. Der erste Spatenstich erfolgte am 1. Juli 1886, knapp zwei Jahre also vor der Eröffnung. Noch heute versorgt das dortige Wasserwerk die Stadt mit einem Teil des Trinkwassers – Smrekers Vorgehen war also ein echter Erfolg.

Oskar Smreker sollte sich als Glücksgriff für die Stadt Mannheim erweisen: Durch seine wissenschaftlich fundierte Vorgehensweise fand er schließlich einen nutzbaren Grundwasserstrom. Auch bei späteren Projekten sollte Smreker noch eine Rolle spielen, Foto: MARCHIVUM.

Nachdem Oskar Smreker das Wasserwerk vereinbarungsgemäß ein Jahr lang selbst betrieben hatte, ging es im Frühjahr 1889 in städtische Hand über. Der Betrieb wurde mit demjenigen des Gaswerks zusammengefasst – eine in jener Zeit durchaus übliche Vorgehensweise, die der strukturell ähnlichen Art der Daseinsvorsorge Rechnung trug, aber auch technisch sinnvoll schien, zumal beide Medien (Gas und Wasser) mit derselben Art gusseiserner Rohre transportiert wurden. Der Leiter des Gaswerks, Christian Beyer, wurde so der Direktor beider Werke. Nach dreißigjähriger erfolgreicher Dienstzeit bat er 1903 um Versetzung in den Ruhestand; sein Nachfolger wurde Josef Pichler, der auch nach Übernahme des Elektrizitätswerks durch die Stadt im Jahr 1906 die Leitung der nunmehrigen Wasser-, Gas- und Elektrizitätswerke (WGE) bis 1934 fortführte.

Um die Wende zum 20. Jahrhundert stieg die Nachfrage nach Wasser rasant, zum einen wegen der zunehmenden Ansiedlung von Industrie und der damit einhergehenden steigenden Zahl an Großkonsumenten, zum anderen wegen Bevölkerungszunahme und Eingemeindungen. Im Jahr 1900 existierten bereits über 5.000 private Wasseranschlüsse und die mittlere Tagesförderung von 10.000 m³ Wasser war bereits 1897 und damit viel eher als angenommen erreicht worden. Daher wurden verschiedene Möglichkeiten zur langfristigen Sicherung der Wasserversorgung erwogen, unter anderem der Bau eines neuen Wasserwerks im Hardtwald, was wegen der hohen Kosten jedoch wieder verworfen wurde. Schließlich fiel die Entscheidung, das bestehende Wasserwerk in Käfertal zu erweitern. Dies geschah schrittweise ab 1906 bis 1911.

Für die Verlängerung des Sammelbrunnens war auch ein Taucher vonnöten, Foto: MARCHIVUM.

Neben der Erweiterung des eigentlichen Werks wurde eine weitere Hauptzuleitung zur Stadt verlegt und der Bau des zweiten Wasserturms auf dem Luzenberg unternommen. Im Zuge der Eingemeindung von Feudenheim gelangte außerdem das dortige kleine Wasserwerk in städtischen Besitz; schließlich konnte, nach der Gründung der "Wasserwerksgesellschaft Rheinau mbH" mit je hälftiger Kapitalbeteiligung der Stadt Mannheim und der Continentalen Wasserwerksgesellschaft im Dezember 1910, Wasser aus dem bestehenden Werk in Rheinau bezogen werden. Damit war die Wasserversorgung zunächst wieder gesichert. Im Jahr 1914 flossen so rund 8,5 Mio. m³ Wasser durch das beinahe 255 km lange Rohrnetz zu den industriellen Großkonsumenten sowie 10.269 privaten Abnehmern.

Der Text basiert auf dem von der Autorin bearbeiteten Kapitel "Die Entwicklung der zentralen Wasserversorgung in einer expandierenden Stadt", das in der MVV-Festschrift "150 Jahre Mannheimer Energien" im Siedler-Verlag 2023 veröffentlicht wurde.

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