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Die Anfänge der Fernwärmeversorgung in Mannheim

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schwarz-weiß Karte mit dem Stadtheizungsnetz in Mannheim, 1961 (Ausschnitt)

Heutzutage ist die Fernwärme als Bestandteil der für das Erreichen der Klimaziele essentiellen Wärmewende in aller Munde und voraussichtlich werden Deutschlands Städte und Gemeinden zeitnah eine kommunale Wärmeplanung erarbeiten müssen. Dabei wird die Fernwärme – in Zukunft von einem immer größeren Anteil erneuerbarer Energie gespeist – eine tragende Rolle spielen. Mannheim ist in einem gewissen Vorteil: Hier wurde schon vor Jahrzehnten in überdurchschnittlichem Maße in diese Technik investiert und entsprechend großflächig im Versorgungsgebiet ausgebaut. Eine wichtige Rolle spielte hierbei die MVV bzw. ihre Vorgängerin, die Stadtwerke. Daher lohnt ein kurzer Blick auf die Anfänge der Fernwärme in Mannheim.

Den Beginn der hiesigen Ära der Fernwärme markiert das Jahr 1937, als das Großkraftwerk in Mannheim (GKM) zwei benachbarte Industriebetriebe mit Dampf zu beliefern begann. Dies war dank der die Abwärme des Kraftwerks nutzenden Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) möglich: Durch Auskoppelung von Dampf oder Heizwasser kann bei dieser Technik sowohl elektrische als auch thermische Energie abgegeben und damit der Nutzungsgrad der eingesetzten Primärenergie etwa verdoppelt werden.

Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs stoppte den geplanten weiteren Ausbau des Leitungsnetzes zunächst. Doch schon ein Jahr nach Kriegsende wurde die Idee in Mannheim wieder aufgegriffen. Unter anderem gründeten Stadt Mannheim und GKM die "Studiengesellschaft Stadtheizung Mannheim GmbH", um Möglichkeiten einer stadtweiten zentralen Wärmeversorgung mittels Dampf zu eruieren. Während das GKM und insbesondere Dr. Fritz Maguerre persönlich das Projekt energisch befürworteten und in Eigenregie die Versorgung weiterer Betriebe mit Dampf umsetzten, blieb die Direktion der Stadtwerke zunächst abwartend. Zwar begrüßte auch sie die Idee einer "Stadtheizung" – so der damals gebräuchliche Ausdruck – grundsätzlich. Immerhin hatte Werkleiter Friedrich Schraeder schon in den 1920er Jahren an entsprechenden Plänen für Mannheim gearbeitet. Allerdings bedeutete ein solches Projekt immense Investitionen bei unsicherer Wirtschaftlichkeit. Auch manche Grundsatzfrage war noch ungeklärt, zumal noch kaum ähnliche Projekte in anderen Städten existierten bzw. nicht über das Anfangsstadium hinausgekommen waren.

Diese und andere Aspekte ließen die Stadtwerke bis etwa Mitte der 1950er Jahre zögern. Doch letztlich sollte sich dies nicht als Nachteil erweisen. Zwar war inzwischen der Wiederaufbau der Stadt vorangeschritten, was den Bau von Fernwärmeleitungen nicht gerade vereinfachte. Andererseits hatte sich Anfang der 1950er Jahre herausgestellt, dass für Haushalte die Nutzung von Heizwasser wirtschaftlicher war als diejenige von Dampf, mit dem in den Jahren zuvor projektiert worden war. Als im Jahr 1957 das Stadtheizungsprojekt konkrete Gestalt anzunehmen begann, konnte also direkt mit der besseren Technik geplant werden.

Das Stadtheizungsnetz, ca. 1961, MARCHIVUM.

Das Jahr 1959 markiert den Beginn der Fernwärmeversorgung von Mannheimer Haushalten. Bis Ende jenen Jahres waren 7,5 Kilometer Leitungen verlegt und 24 Abnehmer an das Fernwärmenetz angeschlossen worden. Zwei Jahre später summierte sich die Leitungslänge bereits auf 40 Kilometer.

Einen neuerlichen Aufschwung erlebte die Fernwärme in den 1970er Jahren, als die Bundesregierung nach der Ölpreiskrise ein Energieprogramm auflegte. In Mannheim war es vor allem Hans-Peter Winkens, der als Werkleiter der Stadtwerke und "Vater der Fernwärme" den weiteren Ausbau vorantrieb.

Hans-Peter Winkes wurde of als "Vater der Fernwärme" bezeichnet, Foto: 1981, MARCHIVUM.

Mit dem von Bund und Land geförderten "Demonstrationsprojekt Fernwärme", das ab 1977 umgesetzt wurde, konnten immer größere Gebiete mit Fernwärme versorgt werden. Dieser Regionalisierungsansatz fand seine Fortführung mit dem Anschluss Heidelbergs an das Fernwärmenetz im Jahr 1987 und Schwetzingens im Jahr 1989.

So betrug der Anteil der Fernwärme in der Raumwärmeversorgung im Jahr 1987 im Mannheimer Versorgungsgebiet bereits rund ein Drittel, während es in der Bundesrepublik weniger als zehn Prozent waren. Dafür gab es in Mannheimer Haushalten deutlich weniger ölbefeuerte Heizungen als im Bundesdurchschnitt und quasi keine Kohleöfen mehr, was seinen Teil zur Verbesserung der Luftreinheit in der Stadt beitrug.

Fernwärmeplakat, 1979, MARCHIVUM.

Heute sind mehr als 60 Prozent der Mannheimer Haushalte an das Fernwärmenetz angeschlossen; die Länge des Fernwärmenetzes beträgt rund 600 Kilometer. Noch immer werden Teile Heidelbergs und Schwetzingen beliefert, inzwischen auch Brühl, Ketsch und Speyer. Die heutige Herausforderung liegt nun in der Substitution fossiler Energieträger bei der Erzeugung von Wärme.

Mehr zu diesem Thema findet sich in der MVV-Festschrift "150 Jahre Mannheimer Energien", die im Siedler-Verlag 2023 veröffentlicht wurde.

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"Komm, ich erzähl dir was." - Mannheimer Geschichte(n) im Erzählcafé

Stadtgeschichte möglichst kurzweilig und niederschwellig zu vermitteln, ist eine Aufgabe vom MARCHIVUM | Mannheims Archiv, Haus der Stadtgeschichte und Erinnerung. Dazu gehört es auch, Angebote zu konzipieren, die alle Menschen erreichen. Also auch jene, die aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr persönlich ins MARCHIVUM kommen können. So ist die Idee eines Erzählcafés in einer Mannheimer Pflegeeinrichtung entstanden.

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