Dann wurde im Jahr 1878 das Werk in K 6 zunächst durch das Gaswerk auf dem Lindenhof, im Jahr 1900 durch das Luzenberger Gaswerk am Industriehafen ersetzt. Für die Trinkwasserversorgung Mannheims arbeitete seit 1888 das Käfertaler Wasserwerk; und 1906 wurde das ebenfalls am Industriehafen gelegene Elektrizitätswerk organisatorisch angegliedert.
So sicherten die städtischen Wasser-, Gas- und Elektrizitätswerke (WGE) auch im Ersten Weltkrieg die Versorgung Mannheims mit Trinkwasser und Energie. Für den ab 1906 die Sparten Wasser, Gas und Elektrizität vereinenden Regiebetrieb war das mit enormen Herausforderungen verbunden, denen man aber durch geschicktes Agieren weitgehend gerecht wurde.
In den Kriegsjahren standen immer zwischen 50 und 70 Beamte und zwischen 100 und 170 Arbeiter der WGE "im Feld", von denen insgesamt 23 fielen; für die gesamte Stadt Mannheim ist von über 6.000 Gefallenen auszugehen. Hinzu kommen über 10.000 Mannheimerinnen und Mannheimer, die infolge von Unterernährung und Epidemien vorzeitig ihr Leben ließen. Die eingezogenen Arbeiter suchten die WGE durch den Einsatz von weiblichen Arbeitskräften und auch Kriegsgefangenen zu ersetzen, die allerdings – zumindest zu Beginn ihrer neuen Tätigkeit – kaum die erforderliche technische Fertigkeit mitbrachten.
Propagande-Postkarte, abgestempelt 1916. MARCHIVUM, Provenienz: Stefan Seider.
Schließlich nahm die Bedeutung der Energie- und Trinkwasserversorgung in den Kriegsjahren nicht ab, in Segmenten sogar zu. Somit mussten die Anlagen der WGE oft sogar auf Hochtouren gefahren werden – was zum einen wegen der kriegsbedingt mangelnden Wartung, zum anderen wegen der zuweilen knappen Kohle als Energiespender nicht unproblematisch war. So suchte man mit Verordnungen von der Reichsebene bis hinunter auf die kommunale Ebene, Energie- und Wassereinsparungen zu initiieren, was jedoch aus verschiedenen Gründen nicht vollends gelang. Vor allem weil in einer Industrie- und Handelsstadt wie Mannheim viele Betriebe auf Kriegsproduktion umgestellt worden waren und nun unter Hochdruck produzierten, was freilich auch mit erhöhtem Energie- und Wasserverbrauch einherging.
Damit trafen die Einsparappelle vor allem die Stadtbevölkerung – sie sollte u.a. Lampenbirnen herausdrehen oder schwächere Birnen verwenden, ferner ihre sanitären Anlagen instand setzen, um Wasserrinnen etc. zu vermeiden. Doch gab es aufgrund von Produktionsausfällen kaum noch energiesparende Birnen zu kaufen, und die dringend benötigten Sanitärhandwerker befanden sich oft im Krieg oder kehrten gebrochen und arbeitseingeschränkt zurück.
Weitere Energiesparmaßnahmen erfolgten im öffentlichen Raum – insbesondere mit herabgedimmten Straßenlaternen oder abgedunkelten Schaufenstern, ferner mit abgeblendet fahrenden Straßenbahnen. Außerdem schalteten die Laternenwärter von den ca. 3.400 Gaslaternen in Mannheims Straßen, den 70 schmucken Gas-Vasen am Wasserturm und den rund 440 elektrischen Straßenleuchten mit jedem Kriegsjahr weitere ab; sodass bald nur noch alle 200-300 Meter Lichter brannten.
Moderne elektrische Beleuchtung der Zweiten Neckarbrücke (heute: Jungbuschbrücke), ca. 1913, MARCHIVUM.
Werfen wir allerdings einen Blick auf die Zahlen, so zeigt sich, dass die elektrische Straßenbeleuchtung mit nur geringen Verbrauchseinsparungen öffentlichkeitswirksam bzw. für alle sichtbar zwischen 1914 und 1917 zurückging, andererseits im gleichen Zeitraum der Verbrauch an elektrischer Kraft im Industriesektor erheblich anstieg. Ähnlich, doch nicht ganz so deutlich, war die Relation bei der noch weit verbreiteten öffentlichen Gasbeleuchtung bezogen auf den Privat- und Industrieverbrauch. Ferner hatten mit Blick auf die Energieeinsparung, doch auch zur Vermeidung einer Überlastung der WGE zu den Spitzenzeiten des Energieverbrauchs, wenn die Menschen von der Arbeit heimkamen und akkumuliert privat Energie verbrauchten, die öffentlichen Gebäude wie Verwaltungen, Museen und Konzertsäle zwischen 16 und 19.30 Uhr geschlossen zu bleiben; Theatervorstellungen durften daher werktags frühestens um 19.30 Uhr beginnen. Indes waren auch diese Sparmaßnahmen – wie schon die für den öffentlichen Straßenraum erwähnten – eher solche fürs "Schaufester" einer vorgeblich hochengagierten Heimatfront und keine Maßnahmen, die zu einer relevanten Energieeinsparung führten.
Münzautomat, ca. 1900. Bei Münzeinwurf schaltete das Gerät das Leitungsgas frei, TECHNOSEUM.
Dazu gliederte die Stadtverwaltung den WEG die Metallsammel- und die Gummisammelstelle an, basierend auf der reichsweiten Beschlagnahme-Verordnung von 1915. Bei diesen Stellen hatte die Stadtbevölkerung für die Kriegsverwendung ihr heimisches Metall und Gummi, etwa überzählige Kochtöpfe oder Fahrradschläuche, abzuliefern. Diese zusätzlichen Aufgaben bedeuteten für die WGE nicht nur, mit einer Flut von Objekten fertig zu werden, sondern auch ein erhöhtes Verwaltungsaufkommen. Anfangs erfolgten immerhin täglich bis zu 1100 Einzelablieferungen, sowohl in den Hauptsammelstellen als auch in den Vororten bzw. Gemeindesekretariaten. Neben den üblichen Haushaltsgegenständen wurden aber auch so außerordentliche Stücke wie entweihte Kirchenglocken abgeliefert, und aus dem Rosengarten karrten die Stadtwerker die zinnernen Orgel-Prospektpfeifen der Musensaal-Orgel ins Magazin.
Mit Kriegsende änderte sich gewiss nicht alles auf einen Schlag. Die Einsparmaßnahmen wurden zunächst beibehalten, um auf diese Weise den Übergang von der Kriegsnot zur, wie der „Mannheimer Generalanzeiger“ formulierte, "Friedensfülle" zu ermöglichen. Allerdings – auch nur eine bescheidene Friedensfülle ließ noch einige Zeit auf sich warten.
Der Text basiert auf dem vom Autor bearbeiteten Kapitel "Die Unbilden des Ersten Weltkriegs", das in der MVV-Festschrift "150 Jahre Mannheimer Energien" im Siedler-Verlag 2023 veröffentlicht wurde.
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