Breadcrumb-Navigation

Die Weimarer Jahre: zwischen Krise und Aufbruch

Kategorien
schwarz-weiß Foto, das den Standort vom Kraftwerk am Rhein zeigt (Luftaufnahme)

Die mitunter turbulenten Zeiten der Weimarer Republik spiegelten sich auch in den Höhen und Tiefen der Mannheimer Wasser-, Gas- und Elektrizitätswerke (WGE), den späteren Stadtwerken und Vorläufern der heutigen MVV Energie AG, wider.

Die erste Zeit nach Ende des Ersten Weltkriegs war geprägt von Kohleknappheit, Personalproblemen, Streiks sowie Gas- und Strombeschränkungen. Doch mit der allgemeinen Beruhigung der Lage besserte sich auch die Situation für die Werke in Mannheim ab Mitte der 1920er Jahre und eine Zeit des Aufbruchs auf mehreren Ebenen begann.

Zum einen konnte 1926 das neu erbaute Verwaltungsgebäude in K 7 eröffnet werden, auf das die Direktion der Werke sehr stolz war. Mit großzügig bemessenen Räumen unter anderem für den Publikumsverkehr, etwa der Kassenschalterhalle, wurde nicht nur dem Bedürfnis nach Repräsentation Rechnung getragen, sondern konnten auch die Verwaltungsabläufe optimiert werden.

Die Kassenschalterhalle war großzügig bemessen, um den Kundenverkehr rationell abwickeln zu können. Dies war auch notwendig; immerhin rechnete man jährlich mit rund 250.000 Personen, Foto: MVV Energie AG.

Zudem gab es nun einen einladend gestalteten Ausstellungsraum sowie Räumlichkeiten für Vorführungen und Kurse, in denen der interessierten Bevölkerung die Nutzung Gas- und Stromverbrauchsgegenständen nahegebracht wurde. Tatsächlich gewann die Werbung in jenen Jahren zunehmend an Bedeutung – übrigens nicht nur für die Werke, sondern allgemein, wodurch nebenbei ein zusätzlicher Absatzmarkt für Strom durch die vielen Reklameschilder entstand.

Freilich wurde ein Großteil der Elektrizität anderweitig verbraucht. Mannheim war bis dato vom Elektrizitätswerk im Industriehafen mit Strom versorgt worden, zuweilen ergänzt durch das Werk der OEG in Rheinau, das mit dem städtischen Elektrizitätswerk per 20-kV-Leitung verbunden war. Dennoch reichte deren Produktion kaum mehr zur Bedarfsdeckung aus und es musste eine neue Lösung gefunden werden.

Da auch andere Akteure nach Möglichkeiten für eine günstige und gesicherte Stromversorgung bei zugleich steigenden Verbrauchen suchten, kristallisierte sich die Idee heraus, unmittelbar am Rhein ein gemeinsames Großkraftwerk zu errichten. Schließlich gründete die Stadt Mannheim am 8. November 1921 mit den Pfalzwerken, dem Badenwerk sowie der Neckar AG die "Grosskraftwerk Mannheim Aktiengesellschaft", kurz GKM. Rasch wurde mit dem Bau eines neuen Kraftwerks in Neckarau begonnen. Bereits im September 1923 lieferte es den ersten Strom und schon im Jahr 1925 wurden 95 % des Strombedarfs im Mannheimer Versorgungsgebiet durch das GKM gedeckt. Für die WGE bedeutete dies für eine lange Zeit das Ende selbsterzeugter Elektrizität: Nach Stilllegung des alten Werks im Industriehafen waren die Werke nunmehr ausschließlich für die Stromverteilung zuständig.

Der Standort für das Kraftwerk lag äußerst günstig: zum einen nah an der Stadt, zum anderen direkt am Wasser, was die Anlieferung der Kohle per Schiff ermöglichte und ausreichend Wasser zur Kühlung bereitstellte, Foto: MARCHIVUM.

Auch in der Gaswirtschaft standen die Zeichen auf Veränderung. War zunächst das Prinzip der Ortsgasversorgung vorherrschend gewesen, bei dem die Abnehmer in unmittelbarer Umgebung zum erzeugenden Gaskraftwerk lagen, begann Anfang des 20. Jahrhunderts die Idee der Gruppengasversorgung Fuß zu fassen: So sollte ein leistungsfähigeres Werk auch benachbarte Gemeinden beliefern können. Mannheim beschritt ab 1925 diesen Weg, als entsprechende Verträge mit umliegenden Gemeinden abgeschlossen wurden: erst mit Seckenheim, Friedrichsfeld, Ladenburg, Edingen, Ilvesheim und Neckarhausen, 1926 zusätzlich mit Weinheim und Viernheim. Damit erstreckte sich das Versorgungsgebiet der WGE auf einer Größe von 240 km² mit rund 300.000 Menschen.

Allerdings war zeitgleich im Ruhrgebiet schon eine deutlich umwälzendere Entwicklung im Gange. Die aus der Aktiengesellschaft zur Kohlenverwertung (AGKV) hervorgegangene Ruhrgas AG strebte danach, anfallendes Kokereigas nicht nur regional, sondern republikweit zu vertreiben. Nicht nur Mannheim, auch viele andere Städte sahen ihre lukrativen Gaskraftwerke in Gefahr und reagierten entsprechend abwehrend. In der Folge schlossen die Stadt Mannheim und die Frankfurter Gasgesellschaft Anfang 1928 einen Interessengemeinschaftsvertrag, um den Plänen der Ruhrgas AG entgegenwirken zu können. Der so entstandenen "Südwestdeutschen Gas AG" (Süwega) schlossen sich weitere Städte des südwestdeutschen Raums an, unter anderem Ludwigshafen, Heidelberg und Karlsruhe. Allerdings kam es in der Zeit der Weimarer Republik noch nicht zur Umsetzung größerer Projekte; diese sollten erst in der zweiten Hälfte der 20. Jahrhunderts die Gaswirtschaft grundlegend ändern.

Die Versorgung der Mannheimer Bevölkerung mit Trinkwasser blieb ebenfalls herausfordernd. Hier stieg der Wasserverbrauch im Lauf der 1920er Jahre erheblich an, sodass rasch feststand: Ein weiteres Wasserwerk muss her. Neben das bereits bestehende kleine Wasserwerk in Rheinau sollte ein vollkommen neues gebaut werden. Im Jahr 1924 erfolgte der Baubeginn und am 7. Juli 1927 ging das Werk in Betrieb. In den folgenden Jahren wurde es schrittweise zum Hauptlieferanten, während die Förderung im Käfertaler Wald nur noch rund ein Drittel des Wassers für das Versorgungsgebiet lieferte.

Das fertiggestellte Wasserwerk II in Rheinau mit Blick auf das Betriebsgebäude und das tiefliegende Schöpfpumpenhaus, Foto: MVV Energie AG.

Die Erschütterungen der Weltwirtschaftskrise gingen auch an den Mannheimer Wasser-, Gas- und Elektrizitätswerken nicht spurlos vorüber. Die Abgabe von Strom und Gas ging ab 1930 spürbar zurück; ebenso die Zahl der Beschäftigten. Aufgrund der Vierten Notverordnung vom 8. Dezember 1931 mussten die Werke die Strom- und Gaspreise senken. Und auch auf ganz andere Weise wurden die WGE von den unruhigen Zeiten tangiert, und zwar bei der öffentlichen Beleuchtung. Einerseits musste diese wegen der Sparzwänge abends teilweise eher abgeschaltet werden – auf der andererseits sollten die Lampen bei politischen Veranstaltungen früher eingeschaltet werden und länger leuchten, um Ausschreitungen zu verhindern. Dies allerdings war ein erfolgloses Unterfangen. Im Gegenteil stieg die Zahl der Zerstörungen von Straßenlaternen in jener Zeit an.

Einige Arbeiter des Elektrizitätswerks bekamen die Unruhen vom Juni 1931 hautnah mit: Nachdem Protestierende die Sicherungen von Straßenlaternen entfernt hatten, um die Straße zu verdunkeln, wurden sie laut Zeitungsbericht bei den Reparaturarbeiten "von herumstehenden Burschen belästigt und bedroht, sodaß die Polizei einschreiten mußte.", Quelle: NMZ Nr. 266 vom 12.6.1931.

Der Text basiert auf dem von der Autorin bearbeiteten Kapitel "Die Weimarer Jahre: Zwischen Krise und Aufbruch", das in der MVV-Festschrift "150 Jahre Mannheimer Energien" im Siedler-Verlag 2023 veröffentlicht wurde.

1933 - Zwei Bücherverbrennungen in Mannheim

Wenige Monate nachdem, die Nationalsozialist*innen 1933 an der Macht waren, wurden in vielen großen deutschen Städten Bücherverbrennungen durchgeführt. Demonstrativ wollten Teile des neuen Regimes unliebsame Schriften öffentlich vernichten auch, um so ihre ideologische Ausrichtung deutlich zu machen. So geschah es auch in Mannheim.

Ganzer Beitrag

Die Anfänge der Fernwärmeversorgung in Mannheim

Heutzutage ist die Fernwärme als Bestandteil der für das Erreichen der Klimaziele essentiellen Wärmewende in aller Munde und voraussichtlich werden Deutschlands Städte und Gemeinden zeitnah eine kommunale Wärmeplanung erarbeiten müssen. Dabei wird die Fernwärme – in Zukunft von einem immer größeren Anteil erneuerbarer Energie gespeist – eine tragende Rolle spielen. Mannheim ist in einem gewissen Vorteil: Hier wurde schon vor Jahrzehnten in überdurchschnittlichem Maße in diese Technik investiert und entsprechend großflächig im Versorgungsgebiet ausgebaut. Eine wichtige Rolle spielte hierbei die MVV bzw. ihre Vorgängerin, die Stadtwerke. Daher lohnt ein kurzer Blick auf die Anfänge der Fernwärme in Mannheim.

Ganzer Beitrag