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Jakob Sommer - "Kämpfer für Menschenwürde"

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Ausschnitt aus einem SPD-Plakat, auf dem der Begriff "Sozialdemokratie" steht, 1946

Sein Leben hatte er den Menschen in Mannheim und den Arbeiterrechten gewidmet. Als aufrechter und toleranter Mann blieb er den Mannheimerinnen und Mannheimer in Erinnerung. Er stand mit Leidenschaft für seine Überzeugungen ein, konnte aber auch die Meinungen und Argumente anderer anerkennen. Als "Kämpfer für Toleranz und Gerechtigkeit", aber auch als "Mann des Ausgleichs", so charakterisierte Oberbürgermeister Hermann Heimerich seinen Freund Jakob Sommer bei dessen Beerdigung (Allgemeine Zeitung, 16.3.1955).

Jakob Sommer, als Sohn eines Schmiedemeisters 1893 in Ludwigshafen geboren, war Sozialdemokrat durch und durch. Er machte zunächst eine Lehre zum Eisendreher bei Hutchinson in Mannheim, danach arbeitete er in diesem Beruf in Mannheim, Ludwigshafen und Frankfurt am Main und begann früh mit der Gewerkschaftsarbeit.

Das MARCHIVUM verfügt über einen angereicherten Splitternachlass von Jakob Sommer. Das heißt, es ist kein umfangreicher Nachlass vorhanden, lediglich einige wenige Dokumente haben den Weg zu uns gefunden. Aber diese sind spannend und deuten auf Jakob Sommers Geschichte. Seine Schulzeugnisse und sein Entlass-Zeugnis aus der Gewerbeschule Mannheim, seine Arbeitszeugnisse und das Lehrzeugnis von Hutchinson stellen den Schüler und Lehrling Sommer in den Mittelpunkt (MARCHIVUM, NL Sommer Jakob, Zug. 2/2013, Nr. 4 und Nr. 5).



Jakob Sommer, um 1953, Foto: MARCHIVUM.

1915 tritt er dem Metallarbeiterverband bei und wird fünf Jahre später Vorstand der Ortsgruppe Ludwigshafen. Zwei Jahre später wird er Betriebsratsvorsitzender der BASF Ludwigshafen. Zu seiner Gewerkschaftsarbeit ist leider nichts im Nachlass zu finden. Dafür zu seiner politischen Arbeit:

1917 tritt er in die SPD ein, 1920 wird er Mitglied der USPD und Kreisvorsitzender in Ludwigshafen, ab 1922 wieder Mitglied der SPD, von 1922-1928 ist er Vorsitzender der SPD Ludwigshafen. Von 1925-1930 ist Jakob Sommer für die SPD im Stadtrat von Ludwigshafen, ab Dezember 1928 war aber dann Parteisekretär der SPD in Mannheim. Auch hierzu finden sich Unterlagen im Nachlass. So gibt es den Anstellungsvertrag zwischen der SPD und Sommer (Zug. 2/2012, Nr. 5). Dieses Amt hat er bis zum Ende der Weimarer Republik inne. 1933 wird er außerdem Mitglied des badischen Landtags, wo er aufgrund er sich ändernden politischen Situation allerdings nicht lange bleibt.

Er wird mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten zudem aus politischen Gründen arbeitslos und kommt 1934/35 in Untersuchungshaft in Mannheim und Karlsruhe. Ihm wird Vorbereitung zum Hochverrat vorgeworfen. Er soll für die verbotenen SPD illegal tätig gewesen sein. 1935 wird er durch das Oberlandesgericht Karlsruhe Mangels an Beweisen freigesprochen.

Im Nachlass sind auch Unterlagen zum Strafverfahren wegen Hochverrat vorhanden. So ist unter anderen eine Mitteilung des Generalstaatsanwalts in Karlsruhe an Maria Sommer, der Ehefrau von Jakob Sommer, dass ihr die Besuchserlaubnis verweigert und ihr auch nicht die Gründe für die Verhaftung ihres Mannes mitgeteilt werde, überliefert.



Maria Sommer erhält keine Informationen zu ihrem verhafteten Mann. Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 5. Dezember 1934, MARCHIVUM.

Nach der Haftentlassung des Sozialdemokraten im Jahr 1935 wird ihm keine Entschädigung für die Haft zugesprochen. In der Begründung des Oberlandesgerichts Karlsruhe – Strafsenat II vom 4. April 1934 heißt es als Begründung dazu: „(…) da das Verfahren weder seine Unschuld ergeben noch dargetan hat, daß gegen ihn ein begründeter Verdacht nicht vorliegt (…)“ erhält er keine Entschädigung aus der Staatskasse (Schreiben im Nachlass Zug. 2/2013, Nr. 2).

Nach seiner Entlassung ist Sommer längere Zeit arbeitslos. 1937 arbeitet er wieder als Eisendreher, diesmal bei der Heinrich Lanz AG in Mannheim. Dort ist er bis Kriegsende beschäftigt; 1944 wurde er allerdings für die Reichswerke Hermann Göring in Drütte (Salzgitter) dienstverpflichtet. Dort war er wohl in den Hauptwerkstätten tätig. Auf dem Gelände der Werke gab es auch ein Außenlager des KZ Neuengamme und die KZ-Häftlinge mussten in der Munitionsproduktion und der Errichtung der „Halle X“ schwer arbeiten. Zu seiner Dienstverpflichtung finden sich im Nachlass eine Mitteilung der Heinrich Lanz Werke zu Beurlaubung während seiner Dienstverpflichtung und einen Urlaubsschein der Reichswerke Hermann Göring (Zug. 2/2013, Nr. 5).

Nach dem Krieg nimmt er seine politische Arbeit wieder auf und baute die SPD Mannheim mit auf. Er wird 1945 SPD-Parteisekretär. Er gehörte zu dem Beirat der Stadtverwaltung den die Militärregierung einsetzte um Oberbürgermeister Braun zu unterstützen. Bei den ersten Wahlen nach der NS-Herrschaft wird Jakob Sommer Stadtrat und nimmt den Vorsitzender der SPD-Gemeinderatsfraktion in Mannheim ein. Diesen hatte er bis zu seinem plötzlichen Tod inne.



Letzte Sitzung des Beirats der Stadt Mannheim: Jakob Sommer (Tischmitte, rechts, dritter von vorne), 1946, Foto: MARCHIVUM.

Die Gewerkschaftsarbeit nimmt er nach dem Krieg auch wieder auf und wird Gewerkschaftssekretär des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbunds (ADGB) in Mannheim und tritt der IG Chemie bei.  1945-1947 ist er Arbeitnehmervertreter im Vorstand der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Mannheim und ist ab 1947 bis zu seinem Tod Geschäftsführer der AOK in Mannheim.

1951 bewilligt ihm die Landesbezirksstelle für Wiedergutmachung in Karlsruhe eine Haftentschädigung für die 4 Monate und 26 Tage erlittene Haft. Den Feststellungsbescheid und weitere Unterlagen zum Wiedergutmachungsverfahren, auch für die politisch bedingte Arbeitslosigkeit, finden sich im Nachlass (Zug. 2/2013, Nr. 3).

Jakob Sommer stirbt am 10.3.1955 in Mannheim an einem Herzinfarkt. Dieser erlitt er als er an seinem Schreibtisch sitzt und seiner Arbeit nachgeht. Bei seiner Beerdigung auf dem Hauptfriedhof finden sich viele Weggefährtinnen und –gefährten ein, auch viele Mannheimerinnen und Mannheimer wollen sich von dem beliebten Stadtrat verabschieden.




Aufbahrung des Sargs von Jakob Sommer mit Blumenkränzen vor dem Krematorium, 1955, Foto: MARCHIVUM.

Wie eingangs erwähnt hält Oberbürgermeister Heimerich eine persönliche Trauerrede auf seinen Freund dessen "Persönlichkeit zu den besten und tröstlichsten Erscheinungen der menschlichen Wirklichkeit gehört." (Amtsblatt, 18.3.1955) Die Allgemeine Zeitung, in dessen Aufsichtsrat er saß, titelte gar am 16.3.1955 "Ein Kämpfer für Menschenwürde ging von uns".

Quellen:

alles zum Thema: Jakob Sommer, Nachlasswelten

1974 - Vom Eigenbetrieb zum Unternehmen

Wasserhahn aufgedreht und es kommt das kühlende Nass heraus, Heizung an und uns wird es kuschelig warm, Stecker in die Steckdose und uns geht ein Licht auf (oder zumindest an). Das ist ein Standard in unserem Leben, den wir erwarten und brauchen. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg musste der damalige Standard im kriegsbeschädigten Mannheim wiederhergestellt werden.

 

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